Atari: Von den Videospielen zu den Heimcomputern und dann…
Atari wird offiziell am 27. Juni 1972 von Nolan Bushnell gegründet. Beinahe hätte die Firma „Syzygy“ geheißen, aber dieser Name war glücklicherweise schon an eine kalifornische Firma vergeben. Atari ist ein Ausdruck aus dem japanischen Brettspiel GO, welcher mit „Schach“ aus Schach vergleichbar ist. Das Atari-Logo (kurz Fuji) repräsentiert den Fujiama in Japan.
Bushnell ist als Student von dem Computerspiel Spacewar, das auf der PDP-1 von Digital an seiner Universität lief, inspiriert worden. Jedoch hat nicht jeder das nötige Kleingeld für einen Großrechner zur Verfügung und so will er ein Computerspiel bauen, dass sehr viel kostengünstiger ist und vor allem für die breite Masse auch noch einfach zu bedienen.
Der erste Prototyp des Spiels mit Namen PONG wird in der Bar Andy Caps in Sunnyvale, California aufgestellt. Es ist sofort ein Erfolg. Angeblich soll der Barmann Bushnell noch am selben Tag nach der Installation angerufen haben, den bereits defekten Kasten wieder abzuholen; es stellt sich aber heraus, dass er nur voll mit Geldstücken ist und deshalb nicht mehr funktioniert.
Atari wird von Magnavox, die bereits ein wenig erfolgreiches Heimvideospiel (die Odyssee) haben, verklagt. Bushnell sagt zwar, dass Atari PONG nicht kopiert habe, er kann das Gericht aber nicht davon überzeugen und so muss Atari nun Lizenzgebühren an Magnavox bezahlen. Trotzdem ist Atari 1973 sehr erfolgreich mit seinem Ping-Pong System; so erfolgreich, dass viele andere Firmen das Spiel kopieren und auf den Markt drängen. Leider lässt sich Atari den Namen PONG nicht rechtzeitig schützen. 1974 veröffentlicht Atari mehrere Videospiele, darunter ein Autorennen, Football und das bekannte Tank. Tank soll angeblich sogar vom amerikanischen Heer eingesetzt worden sein, um damit Panzerfahrer auszubilden.
Obwohl das Atari Management dagegen ist, ein Gerät für den Heimcomputermarkt herauszubringen, möchte Bushnell eine Heimversion von PONG. Diese erscheint Ende 74 unter dem Namen Home PONG. Da die Preise bereits stark gefallen sind, ist es billiger als die Odyssee und bietet eine bessere Grafik und sogar Farben, wenn es an einen Farbfernseher angeschlossen wird. Im Frühjahr 1975 hört ein Einkäufer von Sears, Tom Quinn, von Home PONG und bietet Atari an, alle Einheiten, die sie in diesem Jahr herstellen können, exklusiv zu kaufen. Atari kann derzeit zwar nur 75.000 Konsolen liefern, aber nach dem Angebot von Sears wird die Produktion hochgefahren, so dass Sears schließlich 150.000 Stück vermarkten kann. Außerdem will Sears Atari unterstützen und die Werbung finanzieren. Weihnachten 1975 ist Atari PONG das erfolgreichste Geschenk überhaupt.Schon zu Zeiten des PONG Spiels versteht es Atari ein Spielkonzept bis zum letzten auszuschlachten. So entstehen nach Home PONG: Super PONG, Super PONG 10, Super PONG ProAm, Super PONG ProAm 10, Ultra PONG, PONG Doubles, Ultra PONG Doubles.
Projekt: Stella
1976 wird das Channel F von Fairchild vorgestellt. Dieses Gerät ist schon in der Lage verschiedene Spiele laufen zu lassen. Atari muss sich jetzt beeilen, will man nicht den Anschluss verlieren. Ein Projekt unter dem Codenamen Stella kann noch nicht in die Produktion gehen, da Atari über nicht genug Geld verfügt. Bushnell will die Kontrolle über Atari nicht verlieren, sieht aber die Notwendigkeit nach mehr Kapital. Im Oktober 1976 wird Atari an Warner Communication für $28.000.000 USD verkauft.
Warner investiert über $100.000.000 USD in Atari. Der Hauptaugenmerk liegt auf Stella, dem Video Computer System (VCS), das programmierbare Cartridges benutzt. Warner weiß aus eigener Erfahrung, dass der Erfolg des VCS im Software-Verkauf liegen wird. So erwartet man von den $200 für die Konsole kaum Profit, die Spiele, die zwischen 40 und 100 Dollar kosten, machen den eigentlichen Gewinn aus. Im Oktober 1977 wird das VCS zusammen mit neun Spielen veröffentlicht.
Video-Arcade-Spiele sind bisher das Ressort von Firmen wie Bally. 1978 bringt die japanische Firma Taito Space Invaders auf den Markt, das sofort ein Hit wird. Aber auch Atari bringt weitere Spielehits auf den Markt. 1979 ist es Asteroids.
Die Modelle: 400 und 800
Zuvor passieren 1978 aber noch andere Dinge.Als Reaktion auf den Apple II beginnt Atari, bis dahin Marktführer bei Videospielen und Arcade-Automaten, mit der Entwicklung eines Heimcomputers. Es werden im Januar 1979 zwei Geräte vorgestellt, der Atari 400 mit Folientastatur und anfangs nur 8 KByte Arbeitsspeicher (später standardmäßig mir 16 KByte) und der Atari 800 mit Schreibmaschinentastatur und 48 KByte Arbeitsspeicher.Anstelle die Videospielkonsole zum Computer aufzurüsten, bietet Atari mit dem 400/800er eine neue Produktlinie basierend auf dem Mikroprozessor 6502 mit 1,8 MHz an. Beide sind technisch identisch und besitzen 10 KByte ROM, 16 Farben in 16 Helligkeitsstufen, 40 Spalten x 24 Zeilen in 320 x 192 Pixeln und 4-Kanal-Sound. Im Gegensatz zum Apple II, in dem hauptsächlich Standardelemente eingesetzt werden, setzt Atari auf Spezialbausteine, wie dem ANTIC, CTIA bzw. GTIA und POKEY. Am 29. August 1979 werden die ersten Geräte ausgeliefert. Ab Dezember 1979 gehen die Geräte in Serienproduktion. Zusammen mit den Geräten werden eine Vielzahl von Peripheriegeräten auf den Markt gebracht.
Als Bushnell Atari 1978 verlässt, bringt das Warner Management einen neuen Führungsstil nach Atari. Bisher konnten die Mitarbeiter kommen und gehen, wann sie wollten, und konnten auch ihre Büros nach belieben einrichten. Dieses wurde nun durch Firmenkleidung mit Farbcodierungen für Techniker, Ingenieure, Software-Entwickler, Verwaltung, usw. ersetzt und zusätzlich wurden noch Stechuhren eingeführt. In diesem Jahr wird außer des VCS noch ein anderes Produkt auf den Markt gebracht: Touch Me (Ataris erstes portable Videospiel, das auf der ca. 1,20m hohen Spielhallenversion beruht). Bekannter als Touch Me dürfte aber der von Milton Bradley (MB) herausgebrachte Nachbau, SIMON (in Deutschland wurde es als SENSO verkauft) sein.Nolan Bushnell gründet inzwischen eine neue Firma, Androbots, Inc., die Hausroboter aus Kunststoff und Metall herstellt. Sie konnten zwar keine Bediensteten ersetzen, waren aber als durchaus ernstzunehmendes Spielzeug gedacht. Vom Aussehen her sind sie R2 aus Star Wars recht ähnlich und sind in der Lage Aufgrund ihrer Ausstattung mir I/R und Ultraschallsensoren auch autonom zu fahren. Programmiert konnten sie über einen Atari 400 oder 800 werden. Das teuerste Modell „BOB“ (Brain On Board), das über DM 6000 kostet, besitzt sogar 3MB Speicher, Laufrollen und Greifarme. Aufgrund der zu hohen Preise für die Geräte, muss die Firma Androbots schnell wieder schließen.
1979 und 1980 werden Videospiele immer populärer. Atari hat inzwischen zwölf weitere Arcade-Spiele für das VCS portiert, u.a. Space Invaders. Viele Leute kaufen das VCS schon alleine für dieses eine Spiel. Allerdings sind ein paar weitere Atari-Programmierer nicht mehr besonders glücklich in ihrer Firma. Noch im gleichen Jahr verlassen David Crane, Alan Miller, Bob Whitehead und Larry Kaplan Atari und gründen Activision, eine Firma, die Spiele für das VCS herstellt.
Hier ein kleiner Werbespot, in dem der Atari 400 und 800 zu sehen sind:
Die VCS Nachfolger: 2600 und 5200
Ein Grund für Ataris Erfolg ist die Portierung von Videospielen für das VCS. 1981 bringt Atari Missile Command heraus. Im selben Jahr kommt auch der Nachfolger des VCS auf den Markt, der Atari 2600 . 1982 erscheint dann der 5200, im Grunde ein Atari 400 ohne Tastatur. Die Grafikauflösung ist identisch mit denen der Heimcomputer und somit wesentlich besser als die des 2600. Auch für den 5200 erscheinen alle Atari-Spiele, aber trotzdem hat der 5200 nicht einen solch großen Erfolg wie der 2600; zum einen weil er nicht kompatibel zum 2600 ist, zum anderen mögen viele keine analogen Controller. Später gibt es noch den Atari 2600 junior, ein 2600 in einem extra flachen Gehäuse. Mit Pac Man startet 1982 eine neue Welle von Heimvideospielen. Obwohl es nicht sehr der Arcade-Version ähnelt, wird es wieder ein großer Erfolg. Kaufhäuser halten Pac Man Wettbewerbe ab und sowohl Kinder als auch Erwachsene sind begeistert. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigt Atari über 10.000 Mitarbeiter und besitzt einige Gebäude verteilt über ganz Silicon Valley. Der Marktanteil an den Heimvideospielen beträgt über 70% und in den Spielhallen über 40%.Man darf auch nicht vergessen, dass über die Jahre hinweg Atari auch immer einen Fuß auf dem Heimcomputermarkt hat. Zwar sind die Rechner nicht so professionell wie die von Apple, Commodore und Tandy, aber Atari bietet viele Lernprogramme, Anwendungsprogramme für Zuhause und natürlich… Spiele!
Die XL-Serie
1983 erscheint der 1200XL, gefolgt vom 600XL und 800XL. Der 1200XL ist nicht so erfolgreich wie die beiden Nachfolger. Der große Vorteil des 600XL und 800XL ist die Kompatibilität zu den Vorgängern 400 und 800. Der 600XL hat 16KByte RAM (auf 64kb erweiterbar), der 800XL ist eine 64KByte Maschine. Der eigentliche Unterschied zu den Vorgängern liegt im verbesserten Betriebssystem. Die weitere Ausstattung besteht aus einem 6502C, eingebautem BASIC, TV-Modulator und proprietäres I/O-Interface für Diskettenlaufwerk und Drucker; von Vorteil sind die guten graphischen Fähigkeiten und der gute Sound, von Nachteil die nur 40 Spalten umfassende Textdarstellung und die nicht abgesetzte Tastatur.
1983 wird auch noch der 1400XLD entwickelt, der fast die gleiche Hardware benutzt wie der 800XL. Als neue Features verfügt er über einen eingebauten Sprachsynthesizer und ein eingebautes Modem nach Bell-103 Standard mit 300bps. Ein neuer Chip „FREDDY“ übernimmt die Funktion einiger TTL Chips, die bisher für die Speicherverwaltung zuständig waren. Dieser Rechner wird aber nicht auf den Markt gebracht, sondern direkt vom 1450XLD abgelöst, der nun auch ein eingebautes 5,25″ Diskettenlaufwerk besitzt.Der 7800
1984 sind Heimvideospiele plötzlich nicht mehr sonderlich interessant. Es gibt kaum neue originelle Spiele und die Konsolen müssen sich mit den ersten Heimcomputern messen. So ist es überraschend, dass Atari am 21. Mai 1984 die neue Konsole, Atari 7800, als Nachfolger des Atari 5200 angekündigt. Da Warner Communications einen Monat später Atari an Jack Tramiel verkauft, der nicht mehr an den Erfolg einer Konsole glaubt, wird die Produktion aber zugunsten eines 16-Bit Computers gestoppt. Der 7800 wird dann erst 1986 auf den Markt gebracht, nachdem Nintendo mit dem NES bewiesen hatte, dass der Markt für Konsolen noch nicht gestorben war.Diese Maschine bietet eine exzellente Grafik und ist fast 100% kompatibel mit dem 2600. Aber es dauert eine Weile, bis es den Weg in die Verkaufsregale der Einzelhändler findet. Technisch gesehen ist der 7800 eine Kreuzung zwischen 2600 und Atari 800.