Die Vorgeschichte
Am 11.April 1984 denken viele, die auf der Vorstellung in der Westminster School sind, an einen Werbegag und dass die Alan Michael Sugar Trading, Hersteller von billigen HiFi- und TV-Geräten, mit ihrer Ankündigung baden gehen wird. Amstrad will nicht nur einen, sondern gleich vier Computer-Modelle auf den Markt bringen. Das bemerkenswerte an der Vorstellung ist, dass der neue Rechner bereits über Software verfügt, da Amstrad bereits im Vorfeld mit über 50 Softwarehäusern Kontakt aufgenommen hat.
Aber ein neuer Rechner taucht nicht nur auf und verkauft sich später über zwei Millionen mal, bis dahin gab es viel zu tun.
Die Idee für den Amstrad Computer geht bis auf das Jahr 1983 zurück, indem ein Team den Auftrag von Sugar bekommt, einen neuen Rechner zu entwerfen. Zu diesem Zeitpunkt hat kaum jemand bei Amstrad das technische Know-How, um ein derartiges Projekt durchzuziehen. Tatsächlich wird Ivor Spital, durch einen Münzwurf ausgewählt, mit dieser Aufgabe betreut.
Unglücklicherweise verschätzen sich die Auftraggeber komplett mit der Komplexität eines solchen Auftrags. Ende Juli 1983 wird klar, dass dieser Entwurf mehr als schlecht ist. Der Rechner selbst basiert auf einem 6502. Noch vor Fertigstellung des Projekts, scheidet schon ein Mitglied der Entwicklercrew aus, den Druck nicht mehr ertragend.
Inzwischen ist Amstrad nicht untätig gewesen und hat das Gehäuse mit eingebautem Cassettenrecoder und Keyboard fertiggestellt. Anfang August 1983 wendet sich Amstrad wegen einer Durchführbarkeitsstudie an Ambit. Mit William Poel und Roland Perry haben sie schon zuvor gearbeitet. Perry, nun Amstrads technischer Leiter, ist derjenige der das Projekt retten soll.
Er hat ein Gehäuseprototyp, eine mehr schlecht als recht arbeitende Maschine und eine Menge von Vorschriften von Amstrad. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Teile des neuen Rechners schon bestellt sind und nicht geändert werden können. Zwei Firmen in Cambridge bekunden ihr Nicht-Interesse am „Arnold“. Am 10.August besucht Perry aber eine junge Firma mit Namen Locomotive Software und findet das, wonach er suchte.Richard Clayton, Mitbegründer von Locomotive, begutachtet die Hardware im August 1983. Locomotive hat bereits ein fertiges Basic für den Z80 und eine Konvertierung auf den 6502 des „Arnolds“ würde über drei Monate dauern. So wird der Rechner nochmal überarbeitet und bekommt einen Z80 Prozessor. Clayton bittet Mark-Eric Jones von MEJ Electronics, mit dem er früher bei Data-Recall gearbeitet hat, und Roger Hurrey sich den Prototyp anzusehen. (schließlich ist es Jones, der die Änderungen am 464 zum 664 und 6128 vornimmt und am PCW und verschiedenen Amstrad PCs arbeitet; Hurrey arbeitet weiter als Elektronik-Ingnieur und gewinnt 1987 den Guardian Innovation Challenge Preis).
Am 17.August beginnt Locomotive das ROM für den Arnold zu erstellen und stellen Bruce Godden ein, dessen Name später auf dem Cover des Firmware Manuals zu finden ist. Es muss aber noch vieles organisiert werden, u.a. ein Handbuch und eine Begrüßungskassette; aber am wichtigsten ist die Beteiligung verschiedener Softwarehäuser, die Spiele und Programme für die bisher unbekannte Maschine erstellen sollen. Das Ziel ist es 20 Spiele und 10 Lernprogramme beim Veröffentlichungstermin zu haben. Diese Aufgabe fällt William Poel zu.
Die einfachste Aufgabe ist das Firmware Manual, da Locomotive viele Kommentare in ihren Code einfügen. Fast jede Routine ist kommentiert und genau erklärt. Trotzdem braucht Bruce Godden drei Monate für die Fertigstellung des Manuals.
Der schwierigste Teil besteht im Aufbau von 50 Vorseriengeräte für die Softwareunternehmen. Die Platinen sind aber im November fast produktionsreif, so dass die 50 Geräte ausgeliefert werden können. Roger Hurrey entwirft ein Gatearray für den Rechner, der diesen billiger produzieren lässt.
Amstrad will nicht nur eine Maschine mit Software auf den Markt bringen, sondern auch noch einen Amstrad User Club und ein Computer User Magazin für den CPC Besitzer etablieren.
Trotz fehlender Verträge ist Sugar sicher, dass er mit dem Projekt weiter machen kann. Am 23.Januar 1984 wird der fertige Prototyp zur Fertigung nach Asien geschickt, aber nicht ohne ein weiteres Hindernis: Als die Verantwortlichen bei Amstrad auf die Cursor-Keys drücken, stellen sie fest, dass nicht passiert und protestieren, da die Käufer denken könnten, der Rechner sei defekt. Die notwendigen Änderungen werden noch schnell das Wochenende über vorgenommen.
So wird der CPC 446 schließlich fertiggestellt und am 11. April 1984 in der Westminster School in London der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der CPC 464
Am 11. April erscheint der CPC 464 (Colour Personal Computer 464). Der CPC ist eine kleine Sensation, da er in einigen Punkten selbst den C64 übertrumpft. Das Locomotive-Basic (v1) verfügt über viele leistungsfähige Kommandos, die das Basic des C64 sehr kümmerlich aussehen lässt. Beim Amstrad sind viele Befehle enthalten, die Grafik- und Soundprogrammierung direkt erlauben. Der BASIC-Interpreter besitzt zwei wichtige Features: Erstens die Unterstützung von Interrupts für viele System-Ereignisse, so dass man sogar in BASIC eine Art „Multitasking“ zur Verfügung hat. Zweitens, die Möglichkeit, den BASIC-Befehlssatz zu erweitern (über das sog. RSX-Programmierinterface).Mit dem 6845 verfügt der CPC über einen sehr flexiblen Videochip, der 20×25 Zeichen (160×200 Pixel), 40×25 Zeichen (320×200 Pixel) bzw. 80×25 Zeichen (640×200 Pixel) darstellen kann. Diese Modi können auch gemischt dargestellt werden. Der Sound ist zwar etwas magerer als der des SID beim C64, dafür bietet er aber Stereo.
Der CPC wird zusammen mit einem eingebauten Kassettenrekorder und einem Grün- oder Farbmonitor ausgeliefert (der Rechner bezieht seine Spannung übrigens über den Monitor). Das Kassetteninterface erlaubt im BASIC zwei Geschwindigkeiten: 1200bps bzw. 2400bps (wie auch das des Oric-1 oder Atmos). Die Betriebssystemsroutinen des CPC 464 unterstützen allerdings auch Baudraten bis über 20.000 baud, was sehr oft als Kopierschutz in Spielen verwendet wird, da es nahezu unmöglich ist, solche Tapes über zwei normale Kassettenrecorder zu kopieren. Die hohen Baudraten führten auch oft zu Lesefehlern, so dass man manchmal mehrere Versuche braucht, um ein Spiel von Kassette zu laden. Zuverlässig speichern kann der CPC 464 noch mit bis zu 9600/14400 baud, ab da wird es kritisch.
Der CPC 664
Durch den großen Erfolg des CPC 464 ermutigt, entscheidet sich Amstrad dafür, eine professionellere Maschine auf den Markt zu bringen. 1985 erscheint der CPC 664. Es handelt sich um einen CPC 464 mit eingebautem 3″ Diskettenlaufwerk (anstelle des Bandlaufwerks beim 464). Um die Kompatibilität mit älterer CPC-Software, die von Cassette nachlädt, zu erhalten, kann man einen Kassettenrekorder an den 664 anschließen. Die Tastatur wurde leicht verändert, u.a. ist sie jetzt in grau und blau gehalten.Der 664 ist nur kurz auf dem Markt. Im selben Jahr erscheint noch der Nachfolger, der CPC 6128 mit 128 KByte RAM.
Der CPC 6128
Der CPC 6128 ist praktisch identisch zum CPC 664 und erblickt ebenfalls 1985 das Licht der Welt. Allerdings wird er mit 128KByte RAM ausgeliedert (2x64Kbyte bankswitched).Der PCW 8256 (Schneider Joyce)
Im Jahre 1985 wird der Amstrad PCW 8256 (oder in Deutschland der Schneider Joyce) als Textverarbeitungssystem mit eingebautem Diskettenlaufwerk, Drucker und Grünmonitor herausgebracht.Der 9-Nadel-Drucker liefert Letter Quality in (damaliger) guter Qualität. Als Betriebssystem wird beim Joyce CP/M Plus 3.0 verwendet, dadurch gibt es für den Rechner eine Menge professioneller Anwendungen.
Die wichtigste Anwendung ist wohl LocoScript, die mitgelieferte Textverarbeitung. Weiterhin sind Dr.Logo (Programmiersprache Logo), Mallard Basic (eine erweiterte Version von Microsoft MBasic) und GSX im Lieferumfang enthalten.
Ende 1985/Anfang 1986 erscheint auch der PC 20, der von Sinclair als PC 200 verkauft wird. Beide Rechner unterscheiden sich nur in der Gehäusefarbe: Der Sinclair hat ein schwarzes Gehäuse, der Amstrad ist weiß.
Die Ãœbernahme von Sinclair Research Ltd
1986 kauft Amstrad Sinclair Research Ltd auf. Amstrad produziert noch den Spectrum +2 (mit eingebautem Kassettenrekorder), Spectrum +3 (mit integriertem Diskettenlaufwerk) und den 2A (eine Mischung aus beiden). Beide basieren auf dem Spectrum 128, wobei der +3 u.a. wegen seines 3″ Diskettenlaufwerks nicht mehr 100% kompatibel zu den alten Spectrums ist.
1987 bringt Amstrad den PC kompatibel PPC 640D auf den Markt. Es handelt sich um einen portablen PC, der entweder mit Batterien oder Netzadapter läuft.
Das Ende der Zusammenarbeit von Amstrad und Schneider
Schneider ist seit 1984 der deutsche Distributor für Amstrad Computer in Deutschland. Anfang 1988 geht diese erfolgreiche Zusammenarbeit von Schneider und Amstrad in Deutschland jedoch zu Ende. Schneider stellt den Vertrieb der Amstrad-Produkte ein und Amstrad verkündete im März auf der CeBIT, dass sie eine eigene Niederlassung in Deutschland eröffnen wollen.
Am 1.April 1988 wird diese Niederlassung in Deutschland tatsächlich eröffnet, die auch für die Schweiz und Österreich zuständig ist. Durch Verzögerungen bei der Ablösung von Schneider als Distributor, kommt es bei den Händlern zu Lieferengpässen und Unsicherheiten. Alleine diese sechs Monate bedeuten schließlich für den CPC das Ende.
Der CPC 464+
1990 versucht sich Amstrad an einem Comeback mit dem CPC 464+. Er verfügt über kein eingebautes Betriebssystem (genaugenommen ist gar kein ROM vorhanden), sondern die Firmware (und auch das Basic) wird über Cartridges geladen. Der „Plus“ verfügr über zusätzliche Grafikmodi, die bis zu 32 Farben aus 4096 gleichzeitig darstellen können. Als weiteres Feature erlaubt er, digitalisierten 4-Bit-Sound abzuspielen.
Amstrad möchte mit dem CPC Plus eine Spielemaschine etablieren. Allerdings sind 64KByte RAM und ein Kassettenrekorder 1990 schon lange nicht mehr zeitgemäß, so dass der Rechner nur in England kurz verfügbar ist.
Im selben Jahr erscheint auch noch der CPC 6128+. Dieser ist identisch mit dem 464+, besitzt aber 128Kbyte RAM. Der GX4000, eine reine Spielekonsole ohne Laufwerk, wird ebenfalls angeboten.Es gibt auch noch einige Versuche, grafische Oberflächen für den CPC zu entwickeln, die man auch vom BASIC aus programmieren kann (da es Speichererweiterungen mit 256 KB oder mehr gibt, ist das prinzipiell auch kein Problem). Aber leistungsfähigere Rechner von Atari (der ST) und von Commodore (der Amiga) sind bereits auf dem Markt etabliert und für sie gibt es auch die meiste Spielesoftware. Somit wendet sich Amstrad nun der PC-Entwicklung zu. Aber auch hier hat Amstrad nur wenig zu bieten.
Das Ende von Amstrad und die Auferstehung
Am 31.Juli 1997 wird der Aktienhandel der Amstrad an der Londoner Börse eingestellt. Amstrad existiert seit diesem Zeitpunkt praktisch nicht mehr. Den Markennamen besitzt nun die Firma Betacom und aus Amstrad wird Viglen Technology. Ende November 1997 ändert sich der Name von Betacom wieder in Amstrad. Somit ist Amstrad seit Ende 1997 wieder im Geschäft.