Retro: 10 Chips, die die Welt veränderten

1. Fairchild Semiconductor μA741 Op-Amp (1968)

Signetics UA741Mit der Erfindung des IC wurde auch die Fertigung eines kompletten Operationsverstärkers möglich. Der damals 26jährige Robert Widlar entwickelte 1963 bei Fairchild Semiconductor den µA702, der für über US$ 300 verkauft wurde, und 1965 den µA709, der schon für US$ 70 zu bekommen war und dadurch auch sehr erfolgreich war. Widlar wechselte, nachdem ihm eine Gehaltserhöhung verweigert worden war, zu National Semiconductor und entwickelte dort dem LM101 als Nachfolger zum µA709. Für ihn suchte Fairchild einen Nachfolger, den sie in Dave Fullagar fanden.

1968 entwickelte Dave Fullagar, nach genauer Untersuchung des LM101, der Nachfolgetyp µA741 mit verbesserten Daten und Stabilität. Während bis Mitte der 1970er Operationsverstärker noch als Module mit diskreten Bauteilen üblich waren, wurden bei den Typen 709 und 741 alle benötigten Bauteile auf einem einzigen Chip integriert. Der 741 wurde zu dem Standard-Operationsverstärker überhaupt und wird auch heute noch, zu einem Preis von wenigen Cents, gefertigt.

2. Western Digital WD1402A UART (1971)

TR1402 UARTNachdem Western Digital am 23. April 1970 ursprünglich als General Digital, als Hersteller für Testgeräte für MOS-Halbleiter, gegründet worden war, verlegten sie im Juli 1971 ihren Firmensitz nach Newport in Kalifornien und benannten sich in Western Digital um. Mit dem WD1402A kam im selben Jahr ihr erster eigener Chip auf den Markt. Entwickelt wurde der Chip, um einen Fernschreiber an eine PDP-1 anzuschließen, eine Aufgabe, die es erforderte Signale einer parallelen Schnittstelle in serielle Signale umzuwandeln und umgekehrt. Die Schaltung, den Universal Asynchronous Receiver/Transmitter (UART), die Gordon Bell dazu entwickelte, erforderte über 50 Bauteile, als Western Digital anbot einen Chip zu entwickeln, der die vollständige Schaltung eines UART enthält. Heute sind UARTs weit verbreitet, z.B. in Modems, Peripherie, auf Mainboards und vieles mehr.

3. Signetics NE555 Oszillator (1972)

NE555Der NE555 ist die weltweit meist verkaufte integrierte Schaltung. Der Chip wurde 1970 vom Schweizer Ingenieur Hans R. Camenzind für den Halbleiterhersteller Signetics (später Philips Semiconductors, heute NXP) entwickelt. Wurden Timerschaltungen zuvor meist mit Operationsverstärkern oder Komparatoren aufgebaut, konnte dieser spezialisierte IC in einer der drei Betriebsarten Monostabilen-, Bistabilen- oder Astabilen Kippstufe betrieben werden.

1972 begann die Massenfertigung des NE555. Die Nachfrage war enorm, schon im ersten Quartal wurden mehr als eine halbe Million Stück verkauft. Kaum ein halbes Jahr später gab es bereits acht Hersteller, die den Chip nachbauten, darunter Hersteller wie National Semiconductor (LM555), Motorola (MC1455/MC1555) oder Texas Instruments (SN72555). Noch im Jahr 2003 wurden weltweit über eine Milliarde Stück produziert.

4. Mostek MK4096 4k x 1 DRAM (1973)

MK 4096Mostek war nicht der erste Halbleiterhersteller, der einen DRAM veröffentlichte, denn dieser Ruhm gebührt Intel. Aber Mostek entwickelte ein Verfahren, das sich Address-Multiplexing nennt. Beim Multiplexing werden Reihe und Spalte der Speichermatrix nacheinander an den Chip übergeben, was die Anzahl der Adressleitungen halbiert und es ermöglichte ein 4K x 1 Bit DRAM (MK4096) in einem Gehäuse mit nur 16 Anschlüssen unterzubringen. Dadurch konnten auch größere Speicherchips in kostengünstige Gehäuse mit wenigen Anschlüssen untergebracht werden.

5. MOS Technology 6502 Mikroprozessor (1975)

MOS 6502Der von Chuck Peddle entwickelte Mikroprozessor 6502 kam 1975 auf den Markt. Das Design wurde an den Motorola 6800 angelehnt und der Prozessor besaß einen ähnlichen Befehlssatz. Da er im Vergleich zu den damals verfügbaren Prozessoren von Intel und Motorola sehr günstig war, wurde er in vielen Heimcomputern eingesetzt, z.B. Commodore PET und VC 20 (beim C64 verwendete Commodore den Nachfolger 6510), Apple I und II, Atari 800 XL und viele andere.

6. Zilog Z80 Mikroprozessor (1976)

Zilog Z80Der Hauptkonkurrent zum MOS 6502 war der Zilog Z80. Nachdem Federico Faggin seinen Arbeitgeber Intel verlassen und sein eigenes Unternehmen Zilog gegründet hatte, entstand kurz danach der Z80 als erster Prozessor Zilogs. Der Z80 wurde binär abwärtskompatibel zum Intel 8080 entwickelt, so dass viele Programme ohne Änderungen auf diesem liefen, jedoch besaß der Z80 einige Vorteile, z.B. eine einzige Versorgungsspannung von 5V und einen eingebauten Refresh-Controller, der es ermöglichte DRAMs ohne zusätzliche Hardware zu verwenden. Der Z80 wurde u.a. in Heimcomputern von Sinclair (ZX80, ZX81 und ZX Spectrum), Amstrad (CPC-Serie), Sharp (MZ80 und 700/800-Serie),  Tandy (TRS-80) sowie MSX und CP/M-Rechnern eingesetzt. Auch viele Arcade-Automaten, wie z.B. Galaxian und Pac-Man, setzten einen Z80 ein. Der Prozessor ist auch heute noch in verschiedenen Versionen, einige mit zusätzlich integrierten Bausteinen (MMU, 10/100BaseT Ethernet u.a.), lieferbar.

7. Intel 8088 Mikroprozessor (1979)

Intel 8088Der 8088 ist vermutlich für Intel im Rückblick der wichtigste Chip. Diesen Mikroprozessor wählte IBM für seinen ersten PC, das IBM Modell 5150, welches damals ca. US$ 3000 kostete. Von dem einen Jahr zuvor eingeführten 8086 unterscheidet der 8088 nur durch seinen 8-Bit breiten externen Datenbus und eine von sechs auf vier Bytes verkleinerte Prefetch Queue. Diese Kastration war eine der besten Entscheidungen Intels: Der Prozessor mit seinen knapp 29.000 Transistoren benötigte weniger und günstigere Zusatzchips als der 8086 und war zudem kompatibel mit bestehender 8-Bit Hardware. Somit war der Prozessor und die zusätzlich benötigte Hardware günstiger, was sich letztendlich direkt auf den Preis des PCs auswirkte. Auch von den nachfolgenden Prozessoren gab es später eine durch ein SX gekennzeichnete abgespeckte Variante (z.B. 80386SX oder 80e86SX). Der Konkurrent Motorola bot seinen Mikroprozessor MC68000 ebenfalls in einer günstigen Variante, den MC68008, an.

8. Motorola MC68000 Mikroprozessor (1979)

Der Motorola 68000 kam 1979 auf den Markt. Seine Entwickler versuchten seinen Befehlssatz orthogonal auszulegen. Dieses gelang ihnen auch mit der eingesetzten Assembler-Sprache, die darunter liegende Maschinensprache war dieses aber nicht. So kann ein Programmierer in Assembler praktisch jeden Befehl mit jeder Adressierungsart verwenden, in Maschinencode werden die Befehle aber teilweise auf unterschiedliche Opcodes abgebildet. Durch diesen Kompromiss kann man den 68000 fast genauso bequem programmieren, wie einen Prozessor mit echter orthogonaler Architektur, aber die Bits in den Opcodes werden effizienter verwendet.

Der 68000 verfügt über einen 16-Bit breiten externen Datenbus, verwendet aber intern 32-Bit Daten- und Adressregister (von den Adressregistern sind nur 24-Bit extern verfügbar) und ein 16-Bit Statusregister. Es wurde auch eine günstigere Variante, der 68008, mit nur einem 8-Bit breiten externen Datenbus entwickelt. Später kam der 68010 (ein um einige Fehler bereinigter 68000) mit zusätzlicher Unterstützung von virtuellen Speicher auf den Markt. Mit den Nachfolgern 68020, 68030, 68040 und 68060 wurde dann auch der externe Daten- und Adressbus auf 32-Bit erweitert.

Schon Anfang der 1980er wurde der 68000 in Unix-Systemen eingesetzt. So wurde der Prozessor in hohen Stückzahlen von Apollo Computer (Apollo), HP (HP 9000-300), Sun (Sun-1), Digital Equipment Corporation (Vax 100) und SGI verbaut. Ab Mitte der 1980er wurde der 68000 dann auch in günstigeren System eingesetzt, z.B. im Atari ST, Commdore Amiga und der Apple Lisa und Apple Macintosh. Der Prozessor wurde auch in einigen Spielkonsolen, wie dem Sega Mega Drive oder dem Neo Geo, verbaut.

Ursprünglich wollte IBM den 68000 auch in seinen PCs einsetzen, aber entschied sich schließlich für Intels 8088, da der 68000 u.a. noch nicht in großen Stückzahlen verfügbar war. Wäre diese Entscheidung anders ausgefallen, hätten wir heute keine Wintel-, sondern Winola-Computer.

9. Texas Instruments TMS32010 DSP (1983)

TMS32010Der TMS32010 kam am 8. April 1983 auf den Markt. Auch wenn er nicht der erste DSP (Digital Signal Processor) war, dies war 1980 der DSP-1 von Western Electric, so war er seinerzeit der schnellste Signalprozessor. Er konnte innerhalb von nur 200 ns eine Multiplikation durchführen. Im ersten Jahr wurden aufgrund des hohen Preises von US$ 500 nur knapp 1000 Stück verkauft. Als der Preis schließlich fiel, wurde er fester Bestandteil von vielen Geräten, angefangen bei Modems, bis hin zu militärischen Systemen. Den DSP gab es in vielen Varianten, z.B. mit Festkomma- oder Fließkomma-Arithmetik. Er war so flexibel einsetzbar, dass er nicht nur für die digitale Signalbearbeitung eingesetzt wurde, sondern auch als vollwertiger Prozessor.

10. Acorn Computers ARM1 Mikroprozessor (1985)

Acorn ARM11983 begann bei Acorn ein Team unter der Leitung von Sophie Wilson und Steve Furber mit der Entwicklung eines leistungsfähigen Prozessors als Nachfolger für den bis dahin eingesetzten 6502. Bis dahin hatte Acorn bereits 1,5 Millionen BBC Micro Computer verkauft, es wurde also Zeit, ein neues Modell zu entwerfen. Acorns Ingenieure wurden damit beauftragt einen 32-Bit Mikroprozessor zu entwickeln, den sie Acorn RISC Machine, oder kurz ARM, nannten. Da das Entwicklungsteam recht klein war, musste das Design einfach gehalten werden. Diese Einfachheit sollte zu einer der Stärken des neuen Prozessors werden. Anstelle eines komplexen Befehlssatz, entschied man sich für einen einfach gehaltenen, auf das wesentliche reduzierten, Befehlssatz. Als der ARM1 1985 auf den Markt kam, wurde er zuerst als Zweitprozessor im ARM Development System für den BBC Master eingesetzt. Der ARM2, der 1986 erschien, wurde dann bereits in größeren Stückzahlen im Acorn Archimedes A3010, A3020 und A4000 eingesetzt. Da die Prozessoren nicht nur schnell, sondern auch recht sparsam sind, eroberten sie die mobilen Geräte. Bis heute sind über 10 Milliarden ARM Cores produziert worden. Es gibt heute kaum Smartphones oder Tablets, die keinen auf der ARM Architektur basierenden Prozessor einsetzen.

Bilder: NE 555 (Wikimedia, CC-BY-SA, Stefan506), µA741 (Wikimedia, CC-BY-SA, Teravolt), MOS 6502 (Wikimedia, CC-BY-SA, Konstantin Lanzet), Z80 (Wikipedia, CC-BY, Gennadiy Shvets), Intel 8088 (Wikimedia, CC-BY-SA, Poil)

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