Jupiter Cantab

Zu dieser Zeit werden fast alle Heimcomputer mit Basic als Programmiersprache ausgeliefert. Da Vickers und Altwasser davon ausgehen, dass die Entwicklung eines eigenen Basic-Interpreters zu viel Zeit benötigt, entscheiden sie sich für Forth als Programmiersprache, die als schnell und kompakt gilt. Ein guter Bekannter von Vickers gibt den Ausschlag für diese Entscheidung, er überzeugt Vickers davon Forth zu wählen, da Programme fast in Maschinensprache-Geschwindigkeit aufgeführt werden und diese nur wenig Speicher benötigen. Vickers, der sich von Forth als alternative Programmiersprache überzeugen lasst, gibt diese Idee an Altwasser weiter.
Vickers und Altwasser kommen schnell voran. Altwasser zeichnet das Platinenlayout per Hand und Vickers programmiert die Firmware und den Forth Editor und Compiler in Z80 Assembler. Es werden zwar auch andere CPU in Betracht gezogen, aber es bleibt letztendlich beim Z80, kennt Vickers die Architektur doch in- und auswendig.
Es werden auch keine speziellen komplexe Chips verwendet, da diese den Computer verteuert und die Entwicklung verlängert hätten. Die ersten Prototypen können so schnell aufgebaut werden; es dauert sehr viel länger die Software und Handbücher zu schreiben. Gerade der Forth Editor und Compiler kann nicht einfach programmiert werden, es ist erforderlich ein wenig von der Forth Methodologie abzuweichen: Programme werden editiert, gespeichert, eingelesen, kompiliert und gestartet. Für einen Computer, der nur über einen Kassettenrekorder als Speichermedium verfügt, wäre dieses nicht tragbar gewesen. So wird die Arbeitsweise des Compilers so verändert, dass man ihn interaktiv benutzt: Ein Anwender gibt ein Kommando ein und sieht direkt das Ergebnis, genauso wie beim Basic-Interpreter des ZX Spectrum. Auch ist es nicht üblich, dass Forth über eine Fließkomma-Arithmetik verfügt, da Vickers aber noch vom Spectrum her weiß, wie diese implementiert werden kann, erweitert er seinen Forth-Compiler auch um dieses Feature.
August 1982 kündigen Vickers und Altwasser ihren neuen Computer an und nennen ihn Ace in Anerkennung an den Pilot Ace (Automatic Computing Engine). Vickers setzt auch eine kleine Widmung an den Pilot Ace in sein Forth Handbuch:
„Introduction: In 1950 the National Physical Laboratory made the Pilot ACE (Automatic Computing Engine), one of the earliest British computers. Internally it could store an amount of information measured as 1½ Kilobytes, it took 32 microseconds to perform its simplest operation and, with its large number of wires, valves and tubes filled with mercury, occupied a space the size of a small kitchen. Most of its remains can now be seen in the Science Museum at South Kensington. Based on the Pilot ACE, English Electric developed their DEUCE (Digital Electronic Universal Computing Engine). Over six years they sold about forty of these, costing between £30,000 and £40,000 each. Now, in 1982, Jupiter Cantab Ltd have produced their own Ace. […]“
„EINFÃœHRUNG: Im Jahr 1950 fertigte das National Physical Laboratory in Großbritannien den ‚Pilot ACE‘ (Automatic Computing Engine), einen der ersten britischen Computer. Dieser erste ACE hatte eine Speicherkapazität von 1,5 KByte und benötigte 32 Mikrosekunden, um die einfachste Operation zu bewältigen. Mit dieser Unmenge von Kabeln und quecksilberbedampften Röhren brauchte er fast den Platz einer mittleren Küche. Heute kann er im wissenschaftlichen Museum von South Kensington besichtigt werden. Aufbauend auf dem Pilot ACE entwickelte English Electric den DEUCE (Digital Electronic Universal Computing Engine). Innerhalb von 6 Jahren wurden davon ca. 40 Stück verkauft, zu einem Stückpreis von £30-40.000. Im Jahr 1982 hat Jupiter Cantab Ltd. seinen eigenen ACE entwickelt. […]
Der Jupiter Ace

Der Ace ist mit Forth als Programmiersprache eine sehr außergewöhnliche Maschine. Der Grund für diese Wahl ist, dass Vickers und Altwasser davon ausgingen, dass die Entwicklung eines Basic-Interpreters zu viel Zeit veranschlagen würde. Letztendlich gehört der Jupiter Ace durch diese Entscheidung aber zu den schnellsten Heimcomputern der damaligen Zeit.

Jupiter Cantab produziert aufgrund von Marktanalysen ca. 1000 Geräte im Monat und verkauft diese im Versandhandel. Altwasser prognostiziert in einem Interview mit Popular Computing Weekly beim Erscheinen des Ace, dass dieser sich aufgrund von Forth im Bildungsbereich für Kinder durchsetzen wird und tatsächlich sind einige Anwender versucht, die neue Maschine nur aufgrund der neuen Sprache zu kaufen. Journalisten reagieren jedoch überrascht auf die unübliche Programmiersprache, aber Altwasser ist davon überzeugt, dass aufgrund der zehnfachen Geschwindigkeit und höheren Flexibilität von Forth der Ace von den Anwendern angenommen werden wird. Und tatsächlich führt der Ace Benchmarks über zehnmal schneller aus, als diese auf dem höher getakteten ZX Spectrum benötigen.
Aber es stellt sich schnell heraus, dass der Ace nicht die Erwartungen des Markts erfüllt. Ihm fehlen Farbgrafik, über die einige Computer bereits serienmäßig verfügen und er verfügt über zu wenig Speicher. Besonders problematisch ist, dass fast keine Software für den Ace angeboten wird, insbesondere Spiele fehlen. So kündigen Altwasser und Vickers im August 1982 für Weihnachten eine 48 KByte Speichererweiterung, eine Farbgrafikerweiterung und ein Drucker-Interface an. Auch das billige Gehäuse wird in der Presse kritisiert.
Laskys and Debenhams verkaufen unter der Leitung des Distributors Micro Marketing den Ace in ihren Shops. So wird Micro Marketing einer der wenigen Verkäufer für Ace Zubehör. Die versprochene Speichererweiterung bleibt aus, genauso wie angekündigte Spiele und Anwendungsprogramme, die Anfang 1983 erscheinen sollen. Micro Marketing veröffentlicht aber im März 1983 zumindest eine 16 KByte Erweiterung und auch ein paar Softwaretitel erscheinen. Vickers und Altwasser konzentrieren sich inzwischen auf den Nachfolger zum Ace.
Der Jupiter Ace 4000 und Ace 16+

Bereits im Juli beschließt Altwasser, dass Unternehmen zu verlassen und mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Bis Ende Oktober 1983 stellt Jupiter Cantab offiziell seine Geschäftstätigkeit ein und wird im November 1983 abgewickelt. Die Mitarbeiter (die Mitarbeiterzahl ist nie über fünf Personen gestiegen) werden entlassen. Der am 8. November 1983 ernannte Vermögensverwalter Dennis Kreuz von den Wirtschaftsprüfern Chater & Myhill gibt bekannt, dass Jupiter Cantab £140.000 Schulden hinterlässt. In den Lagern befinden sich noch rund 1600 Jupiter Ace.
Laut Home Computing Weekly vom 6. Dezember 1983 werden bis dahin insgesamt 5000 Jupiter Ace verkauft. Die Maschine, alle Lagerbestände und die Rechte an Forth werden von Boldfield Computing Ltd übernommen. Einige wenige noch übrig gebliebene Ace 4000 werden an Mitglieder der Ace User Group verkauft.

Altwasser erholt sich vom Stress seine eigene Computer-Firma zu leiten und nachdem er einige Zeit als Berater arbeitet, geht er 1986 als leitender Ingenieur zu Amstrad. Später wird er Direktor des Unternehmens und erlebt, wie Amstrad seinen früheren Arbeitgeber Sinclair Research akquiriert. Er verlässt Amstrad 1992 und arbeitet als Senior Berater bei Firmen wie RM (ehemals Research Machines), Xitex, Icera und Promethean.
Vickers arbeitet nach dem Ende von Jupiter Cantav wieder als freier Programmierer und Schreiber, aber sein Doktortitel und sein Hang zur Mathematik führen in schließlich zu einer akademischen Karriere: Er gibt 1985 Lesungen am Imperial College in London, später dann an der Open University, und aktuell arbeitet er als Dozent an der University of Birmingham, an der er Mathematik und Informatik lehrt.