Reviews
Copyright: CHIP, Ausgabe MĂ€rz 1981
Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Vogel-Verlags!
Zweite Generation
Das GrundgerĂ€t des Sorcerer Computers wurde schon vor einiger Zeit in CHIP getestet. Jetzt ist dafĂŒr ein interessantes ZusatzgerĂ€t im Handel, das es nötig macht, dieses nun komplette System noch einmal genau zu testen. Die neue kombinierte Bildschirm-/Floppyeinheit eröffnet dem Anwender viele interessante Einsatzgebiete und macht den Sorcerer damit zu einem GerĂ€t der zweiten Generation.
Der Sorcerer wurde bereits in CHIP 1/80 vorgestellt und getestet. Da dieses Heft jedoch leider restlos vergriffen ist, soll hier das GrundgerĂ€t noch einmal genauer betrachtet werden. Die neu hinzu gekommene Bildschirmeinheit mit integriertem 5″-Doppellaufwerk (Disketten) ermöglicht nun auch die Anwendung von höheren Programmiersprachen wie FORTRAN, PASCAL und COBOL (lĂ€uft alles unter dem CP/M Betriebssystem). Das zusĂ€tzlich anschlieĂbare Doppellaufwerk (auch fĂŒr 5″-Disketten) erhöht die MassenspeicherkapazitĂ€t auf 1.2 MB.
Der Aufbau des GrundgerÀtes
Das eigentliche GerĂ€t mit Tastatur, Zentraleinheit (CPU, Speicher usw.) und Schnittstellen befinden sich in einem beigen KunststoffgehĂ€use, das ungefĂ€hr doppelt so groĂ ist, wie die eigentliche Tastatur selbst. Die Tastatur des Sorcerer ist eine ĂŒbliche (amerikanische) Schreibmaschinentastatur, die deshalb natĂŒrlich ohne Umlaute ist (fĂŒr echte Textverarbeitung also nur mit Abstrichen an die Bedienung zu verwirklichen). Der Schreibmaschinenblock besteht aus 63 Tasten fĂŒr alle ASCII-Zeichen sowie einigen Steuertasten fĂŒr das System. Ein numerischer Ziffernblock von 16 Tasten erleichtert wesentlich die Eingabe von umfangreichen Datenmengen. Jede Taste hat in der jeweiligen Funktionsart bis zu drei verschiedene Bedeutungen: alphanumerisch, grafisch und Steuerung. ZusĂ€tzlich dazu kann man fast jede Taste mit einem BASIC-Befehl belegen, was besonders fĂŒr die Programmeingabe bzw. -editierung von groĂem Nutzen ist. Die grafischen Symbole auf der Tastatur werden ĂŒber die spezielle Steuertaste GRAPHIC erreicht und zur Anzeige gebracht.
Als eine interessante Besonderheit des Sorcerer kann man den Zeichengenerator bezeichnen. Dabei befinden sich in den ersten 128 (der 256 darstellbaren) Zeichen der ASCIIZeichensatz (erweitert) sowie einige Steuerzeichen fĂŒr den Computer (bis dezimal 32). Die oberen 128 Zeichen befinden sich im RAM, so dass diese vom Anwender verĂ€ndert werden können. Beim Einschalten, nach einem RESET oder CLEAR, werden dann aus einem Zeichengenerator ROM die grafischen Symbole der Commodore-Computer in die Zeichen von 128 bis 191 (64 Zeichen) einkopiert. Diese kann man dann ebenfalls Ă€ndern oder ganz neu gestalten. SerienmĂ€Ăig sind beim Sorcerer schon verschiedene Schnittstellen eingebaut. An der RĂŒckseite des GerĂ€tes befinden sich alle fĂŒr den Anschluss von PeripheriegerĂ€ten benötigten Stecker. Diese sind von links nach rechts (von der RĂŒckseite her gesehen):
- der Erweiterungsstecker mit allen Signalen des Systems fĂŒr die Erweiterungsbox bzw. die Floppyeinheit. Der Stecker hat 50 Pole und liefert die wichtigsten der S-100-Signale.
- das parallele Interface ist Centronics-kompatibel, wodurch sich ein Drucker mit dieser Schnittstelle direkt anschlieĂen lĂ€sst.
- die Video-out-Buchse liefert das Bildsignal fĂŒr den Monitor.
- das serielle Interface entspricht dem RS232C (V24) und hat ĂŒber Software einstellbare Baudraten.
- MIC und EAR sind die Verbindungen zum Kassettenrecorder, welches mit zwei, durch Software umschaltbare, Geschwindigkeiten von 300 und 1200 Baud zu betreiben ist.
Rechts davon befindet sich dann nur noch die Stromversorgung. An den 50poligen Erweiterungsstecker lassen sich verschiedene Systemerweiterungen anschlieĂen. Da gibt es zum Beispiel eine ExpansionBox fĂŒr die Aufnahme von bis zu sechs S-100-Karten, womit sich der Sorcerer mit Speicher, D/A-Wandlern oder anderen Interfaces erweitern lĂ€sst. Andererseits gibt es aber auch die Bildschirm-/Floppyeinheit, die ebenfalls ĂŒber diesen Speicher angeschlossen wird.
Bildschirm-/Floppyeinheit
Dieses neue ZusatzgerĂ€t fĂŒr den Sorcerer passt im Design genau zum GrundgerĂ€t, hat also ebenfalls ein beiges KunststoffgehĂ€use, wobei man hier ĂŒber Geschmack streiten kann. Aufgebaut auf einem GestellfuĂ lĂ€sst sich die Neigung bzw. der Winkel verĂ€ndern. Auf dem grĂŒnen Monitor lassen sich insgesamt 30 Zeilen zuje 64 Zeichen darstellen. Bei unserem TestgerĂ€t war das Bild auf dem Schirm leider nicht sehr schön, denn zum einen wackelte es und zum anderen war die Bildgeometrie vollkommen verschoben – hoffentlich war dies ein Einzelfall. Von der Floppy-Disk-Elnheit waren wir sehr angetan. Die beiden eingebauten 5″-Micropolis-Laufwerke hatten eine hohe SpeicherkapazitĂ€t von insgesamt 630 KB (315 KByte je Diskette) wobei die ZuverlĂ€ssigkeit bzw. Laufruhe angenehm auffiel. SerienmĂ€Ăig wird diese Floppy-Station mit CP/M und BASIC-80 (Interpreter) geliefert. CP/M ist momentan das einzige „Betriebssystem“, das es fĂŒr den Sorcerer gibt. Wenn man aber bedenkt, dass es fĂŒr den Sorcerer BASIC-80, COBOL-80, FORTRAN80 sowie PASCAL/MT (alles Compiler) neben vielen anderen nĂŒtzlichen Hilfsroutinen gibt, dann braucht man eigentlich kein anderes Betriebssystem mehr.
Zu diesen Programmiersprachen ist zu sagen, dass sich der ernsthafte Anwender dieses Computers fĂŒr eine dieser Sprachen, die sein spezielles Problem am effektivsten lösen kann, entscheiden sollte, da die gleichzeitige Verwendung dieser Sprachen verwirrend ist.
Der allgemeine Ablauf fĂŒr die Programmentwicklung ist der, dass zuerst das Programm im Quellkode mit dem CP/M-Editor „ED“ oder einem Ă€hnlichen Textprogramm erstellt werden muss. Danach wird die erstellte Datei vom Compiler in den Objektkode ĂŒbersetzt. AnschlieĂend folgt dann die Fehlersuche und das Verbinden mit Hilfsroutinen (mit dem Linker). Bei BASIC-80 besteht der Vorteil darin, dass es einen Interpreter sowie einen Compiler gibt. Dadurch kann man ein Programm mit dem Interpeter schreiben und austesten. Wenn das Programm dann einwandfrei lĂ€uft, dann sollte man es compilieren, um die Geschwindigkeit zu erhöhen.
Zur Dokumentation
Die HandbĂŒcher sind zusammen recht umfangreich. Dadurch ergibt sich allerdings auch die Schwierig keit, den rechten Einstieg zu finden. Es ist daher zu empfehlen, erst einmal alle HandbĂŒcher durchzulesen, um einen generellen Ăberblick ĂŒber das System zu bekommen, auch wenn es ein wenig schwer fĂ€llt. Alle HandbĂŒcher zum System, der Hardware und Software sowie den ROM-Pacs sind durchwegs in Englisch verfaĂt. Kein einziges deutsches Wort ist in der umfangreichen Systemliteratur zu finden. Unserer Meinung nach sollte so etwas bei einem GerĂ€t dieser Preisklasse nicht vorkommen.
Erfahrungen und Besonderheiten
Eine geraume Eingewöhnungszeit erforderte bei uns der Umgang mit der Tastatur. Durch eine spezielle Art der Entprellung bzw. Verriegelung war die Bedienung schwieriger als bei vergleichbaren GerĂ€tetypen. Die Rechengeschwindigkeit des Sorcerer ist ausreichend, aber nicht sehr berauschend. Im Vergleich mit anderen Personalcomputern war der Sorcerer nur unwesentlich langsamer bei der AusfĂŒhrung von verschiedenen Benchmark-Programmen (mit dem Interpreter) wobei die compilierte Version um einiges schneller waren.
Als störend empfanden wir das Flimmern am Bildschirm bei der Ausgabe von Daten. Ein Àhnliches Problem hatte vor einigen Jahren ein anderer Personalcomputer der ersten Generation. Das Problem sollte heute bei diesem GerÀt eigentlich behoben sein.
Zusammenfassung
Der Sorcerer ist ein nicht gerade sehr preiswertes GerĂ€t (im Vergleich zu GerĂ€ten mit gleicher Leistung), stellt jedoch ein relativ hohes MaĂ an QualitĂ€t dar. Die zur Zeit auf dem Markt noch nicht sehr reichhaltig vorhandene Software soll in kĂŒrzerer Zeit in groĂem Umfang verfĂŒgbar sein. Abgesehen von einigen kleinen Schönheitsfehlern ist der Sorcerer ein qualitativ hochwertiges und von den technischen Möglichkeiten interessantes GerĂ€t. kö
CHIP-Wertung
Was uns gefÀllt:
– hohe SpeicherkapazitĂ€t der Floppies
– Tastaturaufteilung
– umfangreiche DokumentationWas uns weniger gefĂ€llt:
– Dokumentation in Englisch
– nicht optimal arbeitender Bildschirmteil (wackelt, Kissen usw.)Technische Daten
CPU: Z-80 A, Taktfrequenz 2 MHz
Arbeitsspeicher: 8 KByte bis 48 KByte, bei 48 KB aufgebaut mit 16K dyn. RAM
Festwertspeicher: 4K-Monitor, ROM-EinschĂŒbe von 4 KB bis 16 KB mit Anwendungsprogrammen usw.
Bildschirm: 30 Zeilen zu je 64 Zeichen, grĂŒne Scheibe, GroĂ-/Kleinschreibung, 64 Grafiksymbole (CBM), 128 frei programmierbare Zeichen (64 + 64 Zeichen), damit max. 512 x 240 Grafikpunkte.
Tastatur: 63 Tasten alphanumerisch, 16 Tasten Numerikblock mit Funktionen, Tastenbedeutung bei Bedarf frei wÀhlbar (BASIC-Befehle).
Schnittstellen: 50poliger Speicherbus mit S-100Signalen, RS232C, Centronics parallel, Kassetteninterface.
Floppyteil: 5″-Micropolis-Laufwerke, softsektoriert, 315 KB je Disk (max. 630 KB), leiser LĂŒfter, Stromversorgung 220 V/50 Hz.