Intellivision: Ein ernstzunehmender Gegner
Als Ataris Projekt Stella vom Zeichenbrett in die Produktion gelangt und schlieĂlich auf dem Markt erhĂ€ltlich ist, beginnt Richard Chang, Mattels Chefentwickler, sich dafĂŒr zu interessieren ein eigenes System fĂŒr sein Unternehmen, das hauptsĂ€chlich als Produzent der Barbie bekannt wurde, zu entwickeln.
1976 nimmt er Kontakt mit Glen Hightower, dem PrĂ€sident von APh einem Consultingunternehmen aus Pasadena in Kalifornien, auf, um die Möglichkeiten hierfĂŒr zu erkunden. Sie finden einen passenden Chipsatz fĂŒr ein solches System bei General Instruments und nach ein paar Ănderungen an den Standardkomponenten, bauen sie ein System mit dem 16-bittigen CP-1610 Mikroprozessor, der mit 3,6 MHz getaktet wird und dem 4KByte RAM zur Seite stehen. Obwohl die CPU ist eine Mischung aus 10 und 16 Bit-Prozessor ist, kann sie dennoch mit echten 16-Bit Systemen, wie der Sega Genesis und Turbo Grafix-16, zehn Jahre spĂ€ter mithalten.
Aber Atari wird ein Gigant in diesem Industriezweig und Mattel zögert bei dem Gedanken an ein Kopf-an-Kopf Rennen mit diesem. Das neue Videospielsystem wird zunĂ€chst zurĂŒckgehalten, wĂ€hrend Mattel Electronics sein GlĂŒck mit der Herstellung von LED Spielen wie Football versucht. Als die Verkaufszahlen dieser Spiele weit ĂŒber den Erwartungen liegen, ĂŒberzeugt Mattels GeschĂ€ftsfĂŒhrer Jeff Rochliss den Vorstand davon, den TV-Videospielen eine weitere Chance mit einem seriöseren Aussehen zu geben. Die Firma beauftragt APh ein Heimvideospiel zu entwickeln, das auf der neuen Hardware basiert.
1979 beginnt Mattel mit TestverkÀufen der neuen Konsole in Fresno, Kalifornien. Das GerÀt wird aufgrund des bald erscheinenden Keyboards und Speicherperipherie als Intellivision (Intelligent Television) bezeichnet. Mit den Erweiterungen soll sich das gesamte System in einen 64 KByte Computer verwandelt lassen.
Die Master Component (Hauptkomponente), wie die erste Stufe des Videospiels genannt wird, ist ein unverwechselbar aussehendes GerĂ€t, flach und rechteckig, sowie verziert mit einer Holzmaserung und verfĂŒgt ĂŒber zwei sehr ungewöhnliche Controller. Diese sind flach und eckig und anstelle eines Joysticks verfĂŒgen sie ĂŒber eine goldene Scheibe, mit der der Spieler 16 Richtungen steuern kann, sie sind die VorlĂ€ufer der D-Pads, die Nintendo spĂ€ter in den Game & Watch Spielen oder beim Famicom verwendet. Weiterhin gibt es ein Keypad, das fĂŒr spezielle Aktionen verwendet werden kann. Damit der Spieler es einfacher hat, kann er Plastik-Overlays, die bei einigen Spielen beiliegen, ĂŒber die Tasten legen und damit weitere Kommandos auslösen. Leider sind die Controller bei den Spielern nicht sonderlich beliebt, da sie nicht sehr stabil aufgebaut sind und schnell zerbrechen. Da diese mit dem System auch noch fest verbunden sind, muss man bei einem Defekt immer das gesamte System zur Reparatur bringen.
Trotzdem wird der erste Test in Fresno ein voller Erfolg und als die Intellivision im groĂen MaĂstab 1980 auf den Markt kommt, sind bereits die ĂŒber 175.000 StĂŒck der ersten Produktion ausverkauft. Der Preis liegt mit US$ 299,95 zwar US$ 100 höher als der des VCS, aber das GerĂ€t ist auch in einigen Features um einiges leistungsfĂ€higer, so besitzt es ĂŒber 16 Farben und 3-Kanal-Sound. 12 Spiele werden mit dem GerĂ€t veröffentlicht, die von Glen Hightower entworfen und von dem Team bei APh programmiert werden. Die Cartridges sind etwas kleiner als die vom VCS und sind an einer Seite abgeschrĂ€gt.
Jedes Spiel wird in eine Kategorie bzw. „Network“ eingeordnet, wie z.B. Action Network, Arcade Network, Education Network, usw.; aber dieses Konzept wird spĂ€ter fallen gelassen, als die Spielgenre beginnen sich immer mehr zu ĂŒberschneiden. Diese Serien sind aber nicht zu verwechseln mit dem M Network, die von Mattel 1982 eingefĂŒhrt wird. Diese steht fĂŒr Spiele auf konkurrierenden Systeme, wie dem VCS, ColecoVision und sogar Apple II und IBM PC. Das Spiel Las Vegas Poker & Blackjack wird der Intellivision beigepackt.
Aber Mattel findet sich bald am Tisch zusammen mit Magnavox, dem Besitzer des ersten Heimvideospiel-Patents, das noch vom ersten Odyssey-System stammte. Als Atari das VCS veröffentlicht, entrichteten sie eine kleine Summe fĂŒr eine Lizenz an Magnavox, um Videospiele produzieren zu dĂŒrfen. Magnavox, die durch Ataris Erfolg inzwischen aufgewacht sind, bemerkte schnell seinen Fehler und fordert eine groĂe Summe von Mattel fĂŒr die gleichen Rechte. Zuversichtlich, dass das Patent einer rechtlichen ĂberprĂŒfung nicht stand hĂ€lt, lehnt Mattel die Forderung ab. Magnavox klagt vor Gericht und gewinnt den Patentrechtsstreit. Mattel muss schlieĂlich einige Millionen US-Dollar Schadensersatz zahlen.
Ungeachtet dieser Zahlung, wird die Konsole ein groĂer Erfolg. Mattel schlieĂt 1980 einen lukrativen Handel mit Sears ab, so dass die Intellivision auch unter dem Markennamen Sears Tele-Games als Super Video Arcade hergestellt wird. Eine 6 Millionen US-Dollar schwere Werbekampagne sorgt fĂŒr ĂŒber 600.000 verkaufte GerĂ€te in der Weihnachtssaison 1981 und Mattel verkauft eine weitere Million GerĂ€te zwischen 1982 und 1983. Damit wird Mattel zur ersten ernsthaften Bedrohung von Ataris Vorherrschaft. Das Spiel, das schnell zum Zugpferd fĂŒr die Intellivision wird, ist Major League Baseball. Es ist das am meist verkaufte Spiel in Mattel Electronics Firmengeschichte. 1.085.700 Cartridges werden in drei Jahren verkauft; Ă€hnliches passiert ca. zehn Jahre spĂ€ter auch bei Nintendos NES und dem Sega Master System. Die Intellivision wird bekannt als das „erwachsene“ Videospiel und ist fĂŒr echte Sportfans die erste Wahl (auch noch vor Ataris VCS). Major League Baseball und die anderen eindrucksvollen Sporttitel sind Mittelpunkt der massiven Werbeaktion fĂŒr die Maschine.
Frontmann der Werbekampagne ĂŒber Weihnachten 1981 ist der Sportberichterstatter, Buchautor und Schauspieler George Plimpton, bekannt durch sein 1966 erschienenes Buch „Paper Lion“ ĂŒber das Football-Team Detroit Lions. In den Anzeigen sieht man die Sportspiele der Intellivision, wie MLB und NFL Football, neben denen von Atari laufen, wobei auf dem VCS die Spiele mit ihrer Klötzchengrafik, im direkten Vergleich zur Intellivision, sehr primitiv aussehen. Das Ă€rgerliche fĂŒr jeden Atari-Besitzer daran ist, dass dieses ohne Zweifel mehr als ĂŒberzeugend ist und so sich vor Weihnachten viele VideospielkĂ€ufer fĂŒr eine Intellivision entscheiden.
Atari hat aber den Vorteil der groĂen Anzahl an VCS Spielen und so stellt ihre Werbung auch die geringe Auswahl an Action-Spielen bei dem Konkurrenten Intellivision heraus. Mattel schlĂ€gt aber mit Titeln wie Night Stalker von David Rolfe zurĂŒck. Darauf antwortet Atari wieder mit Spots, in denen ein Kind mit nerdiger Brille und einer Plimpton Ă€hnlicher Aussprache, Ataris zahlreichen Arcade-Umsetzungen mit einem leeren Bildschirm vergleicht, um so deren Schwachstelle herauszustellen, was wiederum Mattel dazu animiert ein eigenes Kind in ihrer Werbung einzusetzen. Dieser Krieg auf dem elektronischen Schlachtfeld zwischen Atari und Mattel zeigt die Feindseligkeit zwischen den beiden Videospiel-Riesen, wobei sich Ataris PrĂ€sident bei den drei groĂen TV Netzwerken beschwert, dass Mattel die Tatsachen mit ihrer Werbung verdrehen wĂŒrde. ABC und NBC stellen schlieĂlich die Ausstrahlung der Spots ein, wĂ€hrend CBS Mattels Werbung weiter ausstrahlt. Und im klassischen Sinne von „Wenn du sie nicht schlagen kannst…“, startet Mattel damit auch Spiele fĂŒr das „minderwertige“ VCS zu entwickeln und ĂŒber die „M Network“ Spielserie zu veröffentlichen.
Nachdem Mattel davon ĂŒberzeugt ist, dass das neue System ein Erfolg wird, beginnen sie Entwickler und Programmierer einzustellen, die Spiele fĂŒr das System entwerfen sollen. Aber gewarnt durch Atari, wo die Programmierer die Firma verlassen und eigene, unabhĂ€ngige Unternehmen, wie Activision und Imagic, grĂŒnden, hĂ€lt Mattel seine Spielentwicklungsabteilung geheim und gibt keine Namen der Programmierer bekannt. In Veröffentlichungen wird diese Abteilung nur als The Blue Sky Rangers bezeichnet. Sind es am Anfang neun Mitglieder, hat die Abteilung schlieĂlich bis zu 200 wĂ€hrend des Videospiel-Booms. Eines ihrer Kreationen, das Action-Spiel Astrosmash von John Sohl, liegt in seiner Beliebtheit knapp hinter Major League Baseball. UrsprĂŒnglich startet es als Asteroid-Clone mit Namen Meteor, aber eine drohende Klage zwingt Mattel das Spiel derart abzuĂ€ndern, dass nun Steine von oben auf das Spielerschiff fallen.
Astrosmash verfĂŒgt ĂŒber eine innovative Technik, die die Schwierigkeitsstufe selbst anpasst und das Spiel leichter macht, wenn der Spieler ein Schiff verliert und so eine lange Spielzeit, auch fĂŒr AnfĂ€nger, garantiert. Ăber 984.900 Kopien werden von dem Spiel ausgeliefert, darunter auch die spĂ€teren Umsetzungen fĂŒr das VCS. Es wird zum populĂ€rsten Spiel der Blue Sky Rangers. Es wird sogar eine nicht jugendfreie Version fĂŒr den Hausgebrauch mit dem wenig Marketing tauglichen Namen Space Cunt entworfen. Das Ganze soll ein Witz auf Kosten eines Spiels sein, dass mit Lizenz basierend auf Disneys Film TRON erstellt wurde. Es verwendet die Sprachsynthese des Intellivoice Sprachsynthesizers und Solar Sailer, so der Spieltitel, hat Schwierigkeiten das Wort „can’t“ korrekt auszusprechen, was schlieĂlich zu einem Running-Gag unter den Programmierern wird. Anstelle des Schriftzugs Intellivision findet man auf dem Titelbildschirm den Text Genitaliavision. Anstelle von Steinen und auĂerirdischen Raumschiffen schieĂen die Spieler ihren „Samen“ auf herunterfallende Intrauterinpessare, Antibabypillen und die berĂŒchtigte Titelfigur.Bis 1982 ist das versprochene Computer-Keyboard immer noch nicht verfĂŒgbar, aber Mattel stellt in diesem Jahr das Modul Intellivoice vor, das einen GI Sprachsynthesechip genannt Orator mit 16 KByte ROM fĂŒr die Sprachdaten enthĂ€lt. Ron Carlson ist verantwortlich fĂŒr das Design und die Entwicklung dieser Hardware, Ron Surratt schreibt die Software. In den GI Sprachlabors in New York werden die Standardphrasen fĂŒr das Orator ROM aufgenommen, zusammen mit den Stimmen fĂŒr Space Spartans, das erste Cartridge fĂŒr die Intellivoice. Als Surratt die Daten in Mattels Hauptquartier in Hawthrone erhĂ€lt, lĂ€d er sie auf den Intellivision Prototypen. Aber in einer VorfĂŒhrung fĂŒr Mattels Vorstand und Marketing, kann das GerĂ€t nur die Phrase „Auk youuu!“ wegen einer Hardware-Fehlfunktion sagen.
Als die Bugs schlieĂlich beseitigt sind, beginnt Mattel mit der Produktion des GerĂ€ts und der Spiele. Die Erweiterung wird in den Slot des Master Module gesteckt und bietet einen Anschluss fĂŒr weitere Erweiterungen. Aber nur Spiele, die speziell fĂŒr die Intellivoice entworfen wurden, können diese dann auch nutzen. Obwohl Space Spartans schon doppelt soviel ROM-Speicher hat wie frĂŒhere Cartridges, sind die 8 KByte fĂŒr die Sprachsynthese mehr als knapp bemessen, so werden alle Vokale, auĂer die fĂŒr die weibliche Stimme, mit einer sehr geringen Sample-Rate aufgenommen, was die QualitĂ€t sehr mindert. Das Spiel Ă€hnelt sehr Space Battle auf dem VCS: Der Spieler steuert ein Raumschiff durch den Weltraum, der in Quadranten aufgeteilt ist, und muss die dort verteilten Raumstationen verteidigen. Mit der Intellivoice bekommt der Spieler Meldungen darĂŒber, welche Stationen gerade angegriffen werden und wie der Status der eigenen Schilde ist. FĂŒnf Cartridges, die die Intellivoice benutzen, werden produziert. Trotz der anfĂ€nglich guten VerkĂ€ufe der Intellivision und dem ersten ziemlich guten Spiel, ist es offensichtlich, dass die Nutzer, auch wenn sie die Sprachausgabe in ihren Videospielen begrĂŒĂen, keine neue Hardware kaufen wollen. So stagniert der Verkauf der neuen Erweiterung und der Spiele plötzlich nach einem kurzen Höhepunkt.
Es wird fĂŒr die Intellivision auch ein Ă€hnliches System wie das Gameline fĂŒr das VCS unter dem Namen PlayCable entwickelt. PlayCable ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Mattel und The PlayCable Company. Es kommt 1981 auf dem Markt und bietet Kabel-TV Kunden einen 24-Stunden-Spiele-Service. FĂŒr US$ 12 pro Monat bekommen die Abonnenten eine Auswahl von anfangs 15 wechselnden Spielen. Die Abonnenten erhalten die notwendige, von General Instrument hergestellte PlayCable Adapter Box von ihrem Kabelunternehmen und schlieĂen diese einfach an den Cartridge Slot der Master Component und dem TV-Kabel an. Baseball Legende Mickey Mantle ist die Werbefigur fĂŒr die PlayCable Kampagne, aber das System strauchelt in dem sehr begrenzten Marktsegment, da nur 15 Spiele anfangs verfĂŒgbar sind. Die PlayCable Module haben auch Probleme mit der ZuverlĂ€ssigkeit. Die Spiele-Bibliothek wird schlieĂlich auf 20 Titel aufgestockt, zu wenig um mehr Interessenten fĂŒr dieses System zu gewinnen. Die wachsende Nachfrage nach Bandbreite fĂŒr neue Kabelsender, die UnfĂ€higkeit des Systems die neueren mehr als 8 KByte groĂen Spiele zu verwenden und letztendlich das Zusammenbrechen des Videospielemarkts bereiten Probleme. Nachdem sie ĂŒber 10.000 Abonnenten haben, ist PlayCable gezwungen den Dienst 1983 einzustellen.
1982 gibt es gute Neuigkeiten fĂŒr Besitzer der Intellivision, denn der Dritthersteller Imagic beginnt damit Spiele fĂŒr das System zu entwickeln, darunter Spiele wie Atlantis, Microsurgeon und Beauty and the Beast. Sie portieren auch ihren VCS Erfolg Demon Attack fĂŒr die Konsole.
Intellivision II
Als Coleco 1982 ihr Videospielsystem, die ColecoVision, auf den Markt bringt, ist Mattel plötzlich nicht mehr der Hersteller des Systems mit der fortschrittlichsten Grafik. Mattel versucht die VerkĂ€ufe wieder aufleben zu lassen und stellt 1983 die Intellivision II vor. Mit dieser startet Mattel einen Prozess, der mit zu dem groĂen Videospiele-Crash beitrĂ€gt. Das neue System ist keine Neuentwicklung, sondern viel mehr eine kompakte Neuauflage des alten Systems. In einem glĂ€nzenden grauen GehĂ€use ist die Intellivision II fĂŒr Mattel gĂŒnstiger zu produzieren, da die Hauptplatine nun ĂŒber weniger Bauteile verfĂŒgt.
Das System wird fĂŒr US$ 99 verkauft und verfĂŒgt ĂŒber ein paar wenige neue Features. Die Controller können nun abgenommen werden, was eine Reparatur vereinfacht. Neben dem Einschaltknopf befindet sich jetzt eine LED, die anzeigt, ob das System noch eingeschaltet ist. Der Einschaltknopf hat eine Doppelfunktion, nach dem Einschalten fĂŒhrt ein Druck einen Reset aus, hĂ€lt man den Knopf fĂŒr fĂŒnf Sekunden gedrĂŒckt, schaltet sich die Konsole aus. Eine weitere Neuerung ist der externe Videoausgang. Der System Changer, der an die Konsole angeschlossen werden kann, erlaubt es Atari VCS Spiele auf der Intellivision II zu spielen. Diese neue Erweiterung ist intern tatsĂ€chlich ein VCS-Nachbau mit Atari Joysticks und Select/Reset Knöpfen. Aufgrund des System Changer sowie Colecos Expansion Module #1 Atari Adapter, beginnt Atari mit Klagen zu drochen. Es stellt sich aber heraus, dass Nachbauten legal sind aufgrund der verwendeten Standardbauelemente und der nicht geschĂŒtzten Software. Atari zieht sich zurĂŒck und öffnet damit die TĂŒren auch fĂŒr andere Firmen mit VCS Nachbauten.
1983 wĂ€chst die Anzahl der Spiele fĂŒr die Intellivision, als sich auch Activision zu den Drittherstellern gesellt und Spiele fĂŒr diese entwickelt. Ihre ersten Portierungen sind Bob Whiteheads Stampede und David Cranes Pitfall! Activisions Portierungen bringen nichts neues fĂŒr die Intellivision, sind sie doch fast identisch mit der VCS Versionen. Besitzer einer Intellivison mĂŒssen auf die ersten Orginale fĂŒr ihr System warten, welche die grafischen FĂ€higkeiten auch ausnutzen, wie z.B. in The Dreadnaught Factor.
Intellivision III und IV
Zur Winter CES im Januar 1983 kĂŒndigt Mattel mit der Intellivision III eine echte technologische Erweiterung fĂŒr ihre Intellivision Serie an, die im Herbst erscheinen soll. Sie ist als Bollwerk gegen die ColecoVision und dem neuen Atari 5200 gedacht und ist mit ihren grafischen FĂ€higkeiten zumindest auf Augenhöhe mit den beiden anderen Konkurrenten. Es sind sogar Funk-Joysticks, ein LED Display und ein Sprachsynthesizer eingebaut. Sie ist zudem RĂŒckwĂ€rtskompatibel zu den bisherigen Intellivision Spielen. AngekĂŒndigt ist Yogi Bear’s Adventure von Hanna-Barbera Productions, zusammen mit anderen Titeln wie Treasure of the Yucatan und Grid Shock. Der Plan ist, dass die Intellivision III so lange die Linie hĂ€lt, bis das streng geheime Projekt mit Codenamen Decade fertig gestellt ist und als Intellivision IV die nĂ€chste Generation von Videospielen auf den Markt bringt. Bis zum Herbst hat Mattel die Intellivision III gestrichen und konzentriert sich auf den Heimcomputer-Markt.
Nach Betrugsermittlungen durch die Federal Trade Commission im Jahre 1982 aufgrund von Verbraucherbeschwerden wegen der immer noch nicht lieferbaren Keyboard Computer Erweiterung, die bei EinfĂŒhrung des Original Master Module angekĂŒndigt wurde, erhebt die FTC eine Strafe gegen Mattel in Höhe von US$ 10.000 pro Monat, bis die Firma die Erweiterung an die Verbraucher ausliefert.
Zwar unternimmt Mattel bereits TestverkĂ€ufe, aber die hohen Produktionskosten bedeuten einen gewaltigen Endkundenpreis von US$ 600. Die Keyboard Komponente wird schlieĂlich eingestellt und entwickelt dafĂŒr in einer anderen Abteilung des Unternehmens ein weniger kostspieliges Entertainment Computer System, was die Versprechen auf eine Heimcomputererweiterung kaum erfĂŒllt. Das neue System wird beworben, dass es aus einer ansteckbaren Tastatur, RAM Erweiterungen mit bis zu 64 KByte, einem magnetischen Datenspeicherungssystem und einem Thermodrucker besteht. AuĂerdem gibt es ein 49-Tasten Musik-Synthesizer Keyboard. Unter Ausnutzung dieser einzigartigen Erweiterung fĂŒr eine Videospielkonsole entsteht Astromusic, eine musikalische Version von Astrosmash, wo der Spieler anstatt auf herabstĂŒrzenden Felsen auf Noten schieĂt, indem er die richtigen Tasten auf dem Synthesizer drĂŒckt. Das klingt zwar alles sehr gut, aber der Drucker, das Speichersystem und die RAM Erweiterungen kommen nie in die LĂ€den. Zusammen mit einem Rabatt-Angebot fĂŒr die 4000 produzierten Tastatur Komponenten ist die FTC zufrieden und setzt die Strafzahlungen aus.
Aquarius Home Computer System
Mattel Electronic fasst, wie viele andere Unternehmen auch, den Entschluss den wachsenden PC Markt zu betreten und finden ein System im eigenen Hinterhof beim Hersteller der Intellivision Serie in Hong Kong Radofin Electronics Far East. Mattel entwickelt 1983 basierend auf Radofins Computer Serie, die mit Zilogs Z80 Mikroprozessor ausgestattet sind, das Aquarius Home Computer System. Der Computer wird erstmals in Los Angeles und in Chicago zu einem Verkaufspreis von US$ 150 beworben und verkauft. Einen Monat spĂ€ter wird er bereits landesweit verkauft. Der Computer besitzt eine 3,5 MHz CPU und 4 KByte RAM, der bis auf 64 KByte erweitert werden kann. Peripherie wie Modem, Thermodrucker und Datenspeicher können angeschlossen werden. Mattel verspricht auĂerdem, dass es von erfolgreiche Spiele der Intellivision, wie Tron Deadly Discs, Football und Lock’n’Chase, eine Aquarius Version gegen wird.
Als es erscheint, wird das System verspottet. Programmierer schlagen als Werbeslogan „Das System fĂŒr die 70er“ vor, aufgrund der extrem beschrĂ€nkten Möglichkeiten fĂŒr einen Computer. Im Herbst bezahlt Mattel Radofin, damit diese den Bestand zurĂŒcknehmen und sie aus dem Vertrag entlassen. Diese kostspieligen Projekte und der Zusammenbruch des Markts fĂŒr Videospiele sind der Anfang vom Ende von Mattel.
Der Marketingexperte Mack Morris wird im Sommer 1983 PrĂ€sident bei Mattel. Er ist fĂŒr den blauen Punkt bekannt, den er auf Atempastillen gesetzt hatte, um so deren Verkaufszahlen zu erhöhen. Bei Mattel hat er weniger GlĂŒck. WĂ€hrend seiner Amtszeit verliert Mattel 283,5 Millionen US-Dollar. Der Aquarius II, ein Aquarius mit Schreibmaschinentastatur, wird zwar noch entwickelt, kommt aber nicht mehr auf den Markt. Mit fast 400 Millionen US-Dollar kurzfristige Schulden entlĂ€sst Morris praktisch fast alle Angestellten der Hardware-Entwicklung und in einer weiteren Runde im Herbst verkleinert er die Blue Sky Rangers. Am 20. Januar 1984 stellt Mattel den GeschĂ€ftsbetrieb ein.
INTV System III
Aber die Intellivision weigert sich mit dem sinkenden Schiff unterzugehen. Alle Produkte und Rechte an dem System werden an Terrence E. Valeski, frĂŒherer VizeprĂ€sident der Marketing und Verkaufsabteilung bei Mattel Electronics, fĂŒr 16,5 Millionen Dollar verkauft. Finanziert wird der gesamte Kauf von seinen zwei Partnern Ike Perlmutter und Bernard Marden, Inhaber der Odd Lot Trading Inc. aus New York, ein Unternehmen, dass darauf auf Liquidationen spezialisiert ist.
WĂ€hrend sich das Team harten Strafen ausgesetzt sieht, wenn sie daran scheitern die Intellivision Reihe weiter fortzusetzen, gibt es Ăberlegungen die Marke Intellivision fĂŒr GerĂ€te wie Haartrockner oder Videorekorder zu verwenden. Valeski besteht darauf, dass er sich der Fortsetzung der Intellivision Reihe verpflichtet sieht und grĂŒndet daraufhin eine neue Firma namens Intellivision Inc als Tochtergesellschaft der Odd Lot., die spĂ€ter in INTV umbenannt wird.
Im Herbst 1985 veröffentlichen sie das INTV System III (auch bekannt unter dem Namen Super Pro System) fĂŒr US$ 60. Das System III wird teilweise im Einzelhandel und im Versandhandel angeboten und ist eine fast exakte Kopie der Original Intellivision, wird aber zusammen mit einem neuen Spielepaket angeboten. Um Kosten zu sparen, werden keine der Lizenzen fĂŒr Sportspiele erneuert und Spiele wie NFL Football werden zu einfachem Football degradiert.
INTV geht eine Vereinbarung mit Mattel ein, dass sie den Service fĂŒr die Intellivision ĂŒbernehmen, sowie neue Cartridges ĂŒber einen Jahresvertrag produzieren. Das neue System bringt weltweit ĂŒber Weihnachten 1986 6 Millionen US-Dollar ein und veranlasst INTV viele der ursprĂŒnglichen Blue Sky Rangers wieder einzustellen, um unfertige Spiele fertigzustellen und neue zu entwickeln. Zwischen 1985 und 1990 werden ĂŒber 35 neue Spiele fĂŒr das System III veröffentlicht, bis INTV seine TĂŒren endgĂŒltig schlieĂt und die Intellivision beerdigt wird. Das hebt die Zahl der veröffentlichten Spiele in einem Zeitraum von ĂŒber 10 Jahre auf 125 an.
Nachdem die INTV Corp. Insolvenz ist, besitzt Valeski noch alle Rechte an der Intellivision. 1997 verkauft er die Rechte an die Ultimatte Corporation. Im Gegenzug gibt diese der Intellivision Productions, ein Unternehmen, das von den frĂŒheren Mattel Programmieren Keith Robinson und Stephen Roney gegrĂŒndet wurde, eine exklusive Lizenz an dem Intellivision System und deren Spiele. So wird das System noch heute mit Intellivision Emulationen fĂŒr den Apple Macintosh und den PC am Leben gehalten.
Der Achterbahnfahrt durch den Videospielemarkt zerstört fast Mattel selbst. Aber durch eine Umstrukturierung findet die Firma schlieĂlich wieder den Weg zurĂŒck an die Spitze der Spielehersteller und 1996 betreten sie den Videospielemarkt erneut unter dem Label Mattel Media. Sie veröffentlichen den Barbie Fashion Designer auf CD-ROM fĂŒr den PC, der 15,5 Millionen US-Dollar einbringt und alle bisherigen CD-ROM Verkaufsrekorde bricht. E. J., die 9 Jahre alte Tochter von Mattel Medias VizeprĂ€sident fĂŒr Design Andy Rifkin, ist eine der Designer. In den Programm können Kleider fĂŒr Barbie auf dem Bildschirm entworfen werden und auf speziellem stoffbeschichteten Papier ausgedruckt werden. Das Programm wird fĂŒr US$ 44,99 verkauft und zieht eine Reihe von Barbie-Computerprogrammen mit sich, u.a. den Barbie Magic Hair Styler. Die einen vermuten, dass Mattel einen bisher unberĂŒhrten Markt fĂŒr Videospiele fĂŒr Frauen erschlossen hat, andere glauben, dass der Erfolg mehr mit dem Markenzeichen Barbie zu tun hat.
Aus den Resten des Intellivision-Systems entstanden auch eine ganze Reihe von Produkten hergestellt von neuen Firmen, nicht zuletzt aufgrund des fortgesetzten Supports seitens der Blue Sky Rangers. 1998 veröffentlichen sie zwei CD-ROMs mit Emulationen: Intellivision Lives! fĂŒr den PC und Mac und A Collection of Intellivison Classic Games fĂŒr die Sony Playstation. Beide enthalten viele perfekt emulierte Spiele, darunter auch einige, die bisher noch nicht vermarktet wurden. Auf den CD-ROMs befinden sich auch Informationen zu den Spielen und deren Entwicklung. Weitere Intellivision Lives! Pakete werden auch fĂŒr die neueren Konsolen wie Sony Playstation 2 und Microsoft Xbox veröffentlicht.
Einige Softwarefirmen, die von frĂŒhen Intellivison-Programmierern gegrĂŒndet wurden, entwickeln ebenfalls noch fĂŒr die Intellivision, wie Quicksilver Software mit Spielen wie Castles I (1991) & II (1994), Conquest of the New World (1996), Starfleet Command (1999); Realtime Associates – M:TG-Battlemage (1997), Crusader: No Remorse (1997) oder Stormfront Studios mit Spielen wie Gateway to the Savage Frontier (1991), Tony LaRussa Ultimate Baseball (1991), Madden 97 (1996), Byzantine: The Betrayal (1997), NASCAR Revolution (1999).
Es werden ca. 3 Millionen Intellivisions (und weitere 3 Millionen als System III) verkauft; damit wird Intellivision zweiter im Kampf gegen Atari um den heiĂ umkĂ€mpften Videospielemarkt in den frĂŒhen 1980er Jahren, aber das Master Component und deren verschiedene Ableger leben heute noch weiter, teilweise durch den fortgesetzten Support per Emulation.