Nach knapp sechs Wochen, davon vier Wochen beim Zoll, traf die IMSAI 8080 Replika von „The High Nibble“ aus Australien ein. Der genaue Name des Nachbaus ist „IMSAI 8080esp“ und dieser verrät schon, dass aktuelle Technik anstelle der im IMSAI 8080 verwendeten TTL-Chips eingesetzt wurde.
David McNaughton, der Entwickler des Replikats, hat sehr viel Wert auf einen optisch möglichst identischen Nachbau der IMSAI 8080 CP-A Frontplatte gelegt. Besonders stechen die roten und blauen Schalter hervor, die kaum vom Original aus dem Jahr 1975 zu unterscheiden sind. Das war es aber auch schon mit den Ähnlichkeiten, alles andere hat mit dem Original (siehe Bild) nicht mehr viel zu tun. Das Innenleben ist komplett neu und auch vom Gehäuse her ist der Nachbau gerade einmal 7cm tief.
Die technische Daten:
Als Hardware wird ein günstiges ESP32-PICO-KIT eingesetzt. Dieses besitzt eine Dual-Core CPU @240 MHz, 520 kB SRAM, 4 MB Flash RAM (Speicher), WiFi, einen USB Anschluss für serielle Übertragungen und die Programmierung des ESP32. Weiterhin besitzt der 8080esp einen microSD-Slot, PSRAM, einen MAX232 als RS-232 Treiber und zwei DSUB-9 Buchsen für serielle Übertragungen.
Die Firmware ist eine Portierung von Udo Munks z80pack in der Version 1.36-dev, insbesondere die imsaisim Machine, auf den ESP32. Die Portierung stellt auch eine grafische Oberfläche über einen Web-Server per WiFi zur Verfügung mit der eine Simulation mit realistischen 2 MHz oder 4 MHz laufen kann (so kann problemlos mit WordStar, SuperCalc2 oder M80/L80 gearbeitet werden).
Die mitgelieferte imsaisim aus dem z80pack ist standardmäßig wie folgt konfiguriert:
- 64 kB RAM (CP/M 2.2 BIOS nur mit 56 kB RAM, um Konflikte mit ROMs zu vermeiden)
- 4 simulierte 8″ Disks mit je 256 kB (*.dsk)
- IMSAI MPU-A Boot-ROM
- MPU-B bank-switched ROM
- IMSAI VIO Support
- Harddisk Emulation
- Virtual ‚AT‘ Modem über TCP/IP Sockets
- MMU mit Banked Memory Management für CP/M 3.0 (Plus)
- RTC für CP/M 3.0 (Plus)
Soweit die kurze Übersicht über die Hard- und Software. Es gibt noch weitere Features, die früher beim Original ein kleines Vermögen gekostet haben, jetzt aber simuliert werden können. Dabei ist die Simulation so perfekt, dass kaum ein Unterschied zum Original festzustellen ist.
Der Zusammenbau ist relativ einfach: Dave beschreibt auf seiner Homepage Schritt-für-Schritt den Zusammenbau für jede einzelne Komponente, ergänzend gibt es eine mehrteilige Anleitung auf YouTube. Leider sind die Videos nicht ganz aktuell, so wurde z.B. die Frontplatte inzwischen überarbeitet.
Die meisten Komponenten auf der Vorderseite sind schnell montiert: LEDs, ein paar Widerstände, ein paar IC-Sockel. Damit die LEDs perfekt sitzen, werden zwei spezielle Montageschablonen mitgeliefert. Etwas schwieriger sind da schon die SMD Bauteile zu löten. Da die Bauteile aber über einen großen Pinabstand verfügen, sind auch diese für weniger geübte Anwender noch gut lötbar. Wie bei allen SMD-Lötarbeiten sollte aber unbedingt mit ausreichend Flussmittel gearbeitet werden. Dave weist darauf in seiner Anleitung explizit noch einmal hin.
Auf der Rückseite befindet sich der Sockel für den ESP, der Treiber-IC für die seriellen Anschlüsse und einige Pfostenleisten. Durch die Montage auf der Rückseite, kann der ESP jederzeit schnell entnommen werden und so z.B. ein Firmwareupdate durchgeführt werden.
Nachdem alle Bauelemente montiert sind, werden die Schalter aufgelötet. Auch hier greift man wieder auf zwei Montagetools zurück: Einmal eine Montageplatte zum Ausrichten der Schalter und einen Aufsatz, damit die Schalterkappen den richtigen Abstand besitzen. Dank dieser Tools sind auch die Schalter nach kurzer Zeit perfekt montiert. Leider zeigt sich hier ein kleiner Designfehler des original IMSAI: Die ICs liegen teilweise unter den Schaltern. Muss ein IC später einmal getauscht werden, ist das nur sehr schwierig möglich. Einen Sockel zu wechseln ist quasi unmöglich. Hier hätten die ICs besser auf der Rückseite der Platine ihren Platz gefunden. Hier hat sich aber Dave bewusst dagegen entschieden, um dem Original möglichst nahe zu kommen.
Schön während der Montage gibt es mehrere Testschritte zum Testen des ESPs, der korrekten Funktion der SMD-Bauteile und der LEDs. Gerade der Funktionstest der SMD-Bauteile ist viel Wert, denn später eine kalte Lötstelle zu korrigieren ist nur mit sehr viel Aufwand möglich. An diesem Test merkt man, dass auch in Bezug auf die Firmware auf viele Details geachtet wurde: Verbindet man den ESP mit einem PC auf dem ein Terminalprogramm, wie z.B. PuTTY, läuft, sieht man, dass während der Bootphase die Hardware auf etliche Fehler geprüft wird, wie auch auf fehlerhaft arbeitende SMD-Bauteile.
Zuletzt wird die Platine an die Frontplatte montiert. Dieses ist mit Abstand der kniffligste Teil und hier gibt es bestimmt noch Möglichkeiten diese „Sandwich-Konstruktion“ zu verbessern. Auch die Montage des „Metallgehäuses“ (eigentlich nur ein 7cm breiter Metallrahmen) an die Plexiglas-Frontplatte ist nicht optimal gelöst. Das weiß auch der Entwickler: Er warnt in seinem Video davor das montierte Gerät starken Erschütterungen auszusetzen, da die Konstruktion nicht stabil sei, sie aber für eine Dekoration im Regal ausreichend wäre. Damit kann ich leben, denn aktiv Software für den IMSAI entwickeln wollte ich nicht. Seit ein paar Wochen bietet Dave in seinem Forum eine Schablone an, mit der man sich zusätzliche Verstärkungen aus Acryl schneiden lassen kann. Wer das Gerät häufiger transportiert, sollte dieses in Anspruch nehmen.
Besonders gut hat mir gefallen, dass man nicht unbedingt mit dem Frontpanel arbeiten muss. Es ist sicherlich als Demonstration interessant ein kleines Programm damit einzugeben, z.B. erzeugen folgende Zeilen ein Lauflicht (die Ausgabe erfolgt oben links über Port 0xff)…
0000 3E01 MVI A,01 0002 0F RRC 0003 3EFE MVI A,0FEH 0005 D3FF LOOP: OUT 0FFH 0007 110100 LXI D,1 000A 210000 LXI H,0 000D 19 DELAY: DAD D 000E D20D00 JNC DELAY 0011 07 RLC 0012 C30500 JMP LOOP
… letztendlich ist es aber schon bequemer ein paar alte CP/M Programme oder sogar klassische IMSAI Programme über das virtuelle Web-TTY oder Web-CRT (besonders bequem über WLAN) auszuführen.
Wer Interesse an dem IMSAI 8080 gefunden hat, kann sich in einigen Videos den IMSAI 8080esp in Aktion ansehen.
Fazit:
+ Optik nahe am Original (Frontansicht)
+ sehr gute Simulation, durchdachte Software
+ einfacher Aufbau (Platine)
o kein Gehäuse in Originalgröße (nur 7cm tief), dadurch werden Kosten eingespart und das Gerät nimmt als Blickfänger im Regal weniger Platz weg
o Aufbau der Platine an einigen Stellen problematisch (ICs unterhalb von Schaltern)
– „Sandwich-Konstruktion“ der Platine und Frontplatte verbesserungswürdig
– Befestigung des Rahmens an der Frontplatte instabil
– keine druckbare Anleitung (nur Website)
Bilder: Titelbild, Desktop: The High Nibble
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