Acorn

Reviews

Copyright: CHIP, Ausgabe Juni 1981
Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Vogel-Verlags!


Duell: Vergleichstest BBC-Mikrocomputer – ZX Spectrum

Durch eine 13teilige Fernsehserie ist der BBC-Rechner dem britischen Publikum bereits bestens bekannt. Die Herausforderung stellt sich nun durch den neuen ZX Spectrum von Sinclair.

Acorn zog das große Los. Am 10. Januar 1981 begann die englische Fernsehanstalt BBC mit einem Fernsehkurs über Mikrocomputer. Gleichzeitig können die Kursteilnehmer den BBC-Microcomputer kaufen, um die dargebotene Theorie in Praxis umzusetzen. Und dieser Rechner wurde von der englischen Firma Acorn basierend auf dem bereits bekannten Acorn Atom entwickelt. Anfangs gab es einiges Gerangel, doch Acorn bekam vor einigen Konkurrenten den Zuschlag.

Der Erfinder Clive Sinclair hat bereits einen Riesencoup gelandet. Die beiden Mini-Mikros ZX-80/ZX-81 wurden weltweit über 400.000mal verkauft. Und Sinclair passt sich weiter dem Trend an. Die derzeitigen Hauptargumente für einen Mikrocomputer, nämlich Farbe, Ton, günstiger Preis und anschließbare Zusatzgeräte, sind im neuen ZX Spectrum vereinigt. Der Start dieses Rechners begann Mitte des Jahres in England. Das Gerät, in CHIP bereits in der Juliausgabe vorgestellt, wird voraussichtlich Ende 1982 auch hier erhältlich sein.

In beiden Rechnern ist ein UHF Modulator eingebaut. Dadurch lässt sich jedes Farbfernsehgerät über den Antenneneingang anschließen. Der Empfang des Monitorbildes liegt bei beiden Geräten auf Kanal 36. Während die Videoausgabe des BBC Micros stabil ist, muss beim ZX Spectrum im Farbbetrieb etwa alle halbe Stunde neu abgestimmt werden. Gleichzeitig fiel der Spectrum durch ein übersteuerbares Videosignal auf. Diese Mängel sollten von den Sinclair-Technikern noch bis zum Anlauf größerer Stückzahlen behoben werden.

Die Farbwiedergabe der beim BBC Micro wahlweise zwischen zwei und acht und beim ZX Spectrum standardmäßig acht Farben ist gleichermaßen erschlagend. Grell und überbetont sind hier die Schlagworte. Man kann zwar durch Zurücknehmen der Helligkeit und des Kontrastes das Schlimmste vermeiden, aber schön ist das Farbbild nicht. Wählt man dann noch beim Spectrum gelbe Schrift auf rotem Grund, ist fast nichts mehr zu erkennen. Beim längeren Arbeiten mit beiden Geräten wird der Begriff „Flimmerkiste“ zur Realität. Vor lauter Geflimmer vor den Augen verschwimmen nach einiger Zeit selbst die Zeilen im Handbuch.

Speicherausbau

Im ZX Spectrum sind wahlweise 16 oder 48-KByte-Arbeitsspeicher vorhanden. Der BBC/Acorn-Computer besitzt als Modell A 16-KByte-RAM. Mit acht 4816-Bausteinen von Hitachi kann der Speicher auf 32 KByte erweitert werden. Soviel besitzt auch das teurere Modell B. Es besitzt zusätzlich noch einige wichtige Schnittstellen.

Die Eingabe von Programmen und Daten erfolgt beim ZX Spectrum auf die bereits vom ZX-81 bekannte Weise. Die einzelnen Tasten sind mit bis zu sieben verschiedenen Ebenen belegt. So liefert zum Beispiel die I-Taste im Befehlsmodus die Anweisung INPUT, im Normalmodus das kleine beziehungsweise große I, im Extended Mode die Befehle CODE oder mit Shift IN und im Symbolshift die Anweisung AT. Dadurch, dass Sinclair hierzu verschiedene Farben verwendet, lässt sich wenigstens etwas Verwirrung vermeiden. Und nach einiger Eingewöhnungszeit findet man sich tatsächlich mit dieser ungewöhnlichen Eingabemethode zurecht. Allerdings ist die bunte Beschriftung bei ungünstigen Lichtverhältnissen schlecht zu lessen. Die Tasten des Spectrum sind aus Gummi und lassen sich nach einiger Ãœbung auch mit mehreren Fingern bedienen. Etwas hemmend im Schreibfluß ist die Leertaste. Sie ist zwar in doppelter Breite als die anderen Tasten ausgeführt, befindet sich aber ganz rechts auf der Tastatur. Vorteilhaft bei der Eingabe erwies sich eine Neuerung gegenüber dem ZX81: Bei der Annahme eines Zeichens durch den Rechner ist ein leises „Klick“ zu hören.

Als krasser Gegensatz dazu das Eingabewerk des BBC Mikros. Acorn baute eine komplette ASCII-Schreibmaschinentastatur ein. Die zehn zusätzlich vorhandenen Funktionstasten lassen sich vom Anwender mit beliebigen Eingabestrings belegen. Um Tipparbeit zu sparen, lassen sich die meisten BASIC-Anweisungen abkürzen. Beim anschließenden Auflisten stehen die Befehle dann voll ausgeschrieben auf dem Bildschirm.

Nachträgliches Ändern bereits eingetippter Programmzeilen ist bei beiden Rechnern möglich. Der ZX Spectrum verwendet dazu den Befehl EDIT im Zusammenhang mit der entsprechenden Zeilennummer. Danach wird die zu ändernde Zeile am Bildschirm angezeigt. jetzt kann mit den Cursortasten jedes Zeichen in dieser Zeile gelöscht oder zusätzliche eingefügt werden. Beim BBC-Microcomputer verwendet man zum nachträglichen Editieren die etwas außergewöhnliche COPY-Taste. Der Ablauf geschieht folgendermaßen: Die zu ändernde Zeile wird aufgelistet. Danach muss man mit den Cursortasten einen kleinen Strich an den Anfang dieser Zeile bringen. Drückt man jetzt die COPY-Taste, wandert eine Zeichen nach dem andern an die aktuelle Cursorposition, wo dann eingefügt oder gelöscht werden kann. Der einzige Vorteil dieses Verfahrens ist, dass sich mehrere Zeilen aneinanderhängen lassen.

Das Schlagwort fast aller neuen Rechner heißt Farbgrafik. Beide Geräte haben diese Funktion implementiert. Der ZX Spectrum hat eine feste Auflösung von 256 x 192 Punkten. Ins BASIC integrierte Anweisungen sind das Zeichnen von Linien, Winkeln und Kreisen. Weil die Grafik über alle acht Farben verfügt, kann in Verbindung mit der Hintergrundfarbe jedes Zeichen zwei Farben enthalten. Beliebige Farbmischungen sind deshalb möglich.

Der BBC-Microcomputer lässt bei der Grafik entweder 320 x 256 Punkte in zwei Farben, 160 x 256 Punkte in vier Farben oder 40 x 25 Punkte mit zweifarbigem Text zu. Ist der Speicher auf 32 KByte ausgebaut, gibt es zusätzlich entweder 640 x 256 Punkte in zwei Farben, 320 x 256 Punkte in vier Farben, 160 x 256 Punkte in 16 Farben oder 80 x 25 Punkte mit zweifarbigem Text. Der Anwender kann so jeden Kompromiß zwischen Farbanzahl und erforderlicher Auflösung wählen. Allerdings, die 640 x 256-Punkte-Auflösung ist nur mit einem RGB-Monitor möglich.

Unterstützend für den Zeichenvorgang sind lediglich die Anweisungen DRAW und PLOT. Farbgestaltung erfolgt über den „Zauberbefehl“ VDU. Hiermit lässt sich, angefangen von Farbdefinitionen auf verschiedene Arten bis hin zur Cursorsteuerung, fast alles, was mit dem Bildschirm zusammenhängt, erledigen, vorausgesetzt, man versteht die dazu notwendigen Erklärungen im Handbuch. Oft kommt man nur durch Ausprobieren weiter. Daß es auch anders geht, beweist Sinclair mit gezielten Anweisungen für jede einzelne Bildschirmfunktion. Dazu noch ausführlich dokumentiert und mit Beispielen versehen.

Programmierung

Hinter dem BASIC des BBC ein Konzept zu entdecken, ist nicht gerade einfach. Zu sehr weichen einzelne Anweisungen von sonst üblichen BASIC Dialekten ab. Für die Freunde der strukturierten Programmierung bietet der BBC Micro jedoch die Anweisungen IF … THEN … ELSE und REPEAT … UNTIL. Auch lässt der Interpreter Variablennamen in beliebiger Länge zu. Positiv ist auch die Möglichkeit, eigene Prozeduren zu deklarieren. Sinclair hat aus den Mängeln des ZX-81 gelernt. Der Sprachumfang des Spectrum wurde unter anderem um die Befehle DEF FN, READ und DATA sowie IN bzw. OUT erweitert. Auch der Fehler PRINT „1E-5″ ist behoben.

Eine angenehme Ãœberraschung bereitet der BBC-Computer. Seine Rechengeschwindigkeit liegt etwa um das Dreifache höher als die des ZX Spectrum. Dieser lag etwa in der Größenordnung des Commodore 8032. Die Rechengenauigkeit beträgt beim Sinclair acht, beim BBC neun Stellen, Mit Spannung erwartet und vorher schon heiß diskutiert sind die sogenannten Microdrives des ZX Spectrum. Von den Außenmaßen (7,5 cm x 7,5 cm x 5 cm) her müßte man annehmen, Sinclair hat ein 1“-Diskettenlaufwerk darin verborgen. Dadurch, dass die mittlere Zugriffszeit 3,5 s beträgt, kann es höchstens 7 s bis zum längsten Zugriff dauern. Multipliziert man jetzt diese 7 s mit der Transferrate von 16 KByte pro Sekunde, ist man nicht weit von 100 KByte entfernt. Und das ist genau die Kapazität des Microdrives. Dies wiederum veranlaßt zu der Vermutung, dass sich hinter diesem Gerät ein Endlosband mit konstanter Umlaufgeschwindigkeit verbirgt. Dadurch wäre auch der Preis von umgerechnet etwa 200 Mark in England verständlich. Das BASIC-Betriebssystem bedient die Microdrives, von denen bis zu acht gleichzeitig anschließbar sind, über die gängigen Anweisungen LOAD und SAVE.

Erweiterungen

Um Daten und Programme beim BBC Mikrosystem speichern zu können, stehen ein Single-sided-Laufwerk mit 100 KByte und ein Doublesided-double-density-Doppellaufwerk mit insgesamt 800 KByte zur Verfügung. Beide arbeiten mit 5 1/4″-Disketten. Den Wunsch nach Computermusik erfüllen Sinclair und BBC mit eingebauten Lautsprechern. Außer den Microdrives kann an den Sinclair der ZX Printer angeschlossen werden. Alle ZX-81-Besitzer, die ihren Rechner verkaufen wollen, können den Drucker deshalb behalten. Mit dem ZX Spectrum kann er sogar ohne Veränderungen Kleinbuchstaben ins Metallpapier brennen. Noch in diesem Jahr will Sinclair zusätzlich eine RS-232-Schnittstelle und ein Netz-Interface, um mehrere Spectra miteinander zu verbinden, herausbringen. Da sich trotz dieser Zusatzeinrichtungen wie beim ZX-81 sicher wieder einige Bastler und Tüftler zurückziehen werden, ist nach einiger Zeit auf dem freien Markt noch einiges zu erwarten, um den Spectrum zu erweitern.

Die Ergänzungen des BBC Rechners können sich sehen lassen. Außer den bereits erwähnten Diskettenstationen gibt es einen 80 Zeichen-Matrixdrucker, einen Typenraddrucker, Teletextanschluss, einen Anschluss an ECONET, sowie als zweiten Prozessor einen 6502 mit 60-KByte-RAM, einen Z-80 mit 60-KByte-RAM und CP/M kompatiblem Betriebssystem sowie einem 16-bit-Prozessor mit 128-KByte Arbeitsspeicher. Zusätzlich ist an ROM-Bausteine mit Pascal, CAD oder Textverarbeitung gedacht. Um diese Palette abzurunden, wird verschiedene Anwendersoftware auf Band und Kassette angeboten. Der größte Teil dieser Zusätze ist jedoch nur mit dem etwa 500 Mark teureren Modell B möglich. Es besitzt nämlich die erforderlichen Centronics und V.24 Schnittstellen. Acorn plant, um vom Preis her mit dem Spectrum konkurrieren zu können, eine abgemagerte Version des BBC Mikros als Acorn Elektron auf den Markt zu bringen.

Wegen des geringen Rabatts von nur 10% war es schwierig, den BBC Computer bei einem Händler in Deutschland zu bekommen. Auch über die Markteinführung des ZX Spectrum waren noch keine Angaben zu erhalten. Besonders Hobbyprogrammierer und Kleinstanwender erwarten sehnsüchtig das neue Gerät.

Der BBC Micro eignet sich wegen seiner Zusatzperipherie schon eher für etwas größere Anwendungsfälle. In diese Richtung zielt auch die Weiterentwicklung des BBC Mikros: Der Acorn Proton soll noch dieses Jahr auf den Markt kommen. – wt

Rechengeschwindigkeit im Vergleich:

Zeit für das Suchender ersten 1000 Primzahlen ohne Bildschirmausgabe nach dem Programm aus CHIP, Heft 6/82, Seite 112:

ZX Spectrum: l min 5 s
  BBC Mikro: 27 s
   CBM 8032: 1 min 16 s
  Apple III: 1 min 58 s

Technische Daten:

BBC Modell A ZX Spectrum
Prozessor: 6502 Z80A
RAM 16K 16K
erweiterbar auf: 32K 48K
Bildschirm
Zeichen/Zeile: 40/25 32/24
Farben: 2 bis 8 8
Zeileneditor: ja ja
Kassetteninterface: vorhanden vorhanden
Funktionstasten: 10 keine
Preis ohne Zuslitze: ca. 1700 Mark 125 Pfund