Die Vorgeschichte
Hermann Hauser, der Gründer von Acorn, wurde in Wien geboren. Nach seinem Abschluss an der Wiener Universität, zieht er nach Cambridge um zu promovieren. Anschließend arbeitet er noch ein weiteres Jahr in den Cavendish Labors.
Am 5. Dezember 1978 gründet er, zusammen mit Chris Curry, eine kleine Firma mit Namen Cambridge Processor Unit Ltd (CPU). Die Firma entwickelt zunächst einen Controller für einen elektronischen Spielautomaten für Ace Coin Equipment (ACE) in Wales, der die Grundlage für ihren ersten Mikrocomputer wird. Der ACE Controller basiert zunächst auf dem National Semiconductor SC/MP Mikroprozessor, dann wird aber der günstigere 6502 von MOS Technology eingesetzt.CPU entwickelt auf Basis des SC/MP Prozessors auch ein Mikrocomputersystems, das 1979 veröffentlicht wird und das erste Produkt der Acorn Computer Ltd, ein Markenname den CPU verwendete, um zwei Produktlinien voneinander zu trennen, wird. Der Bausatz wird zunächst Acorn System 75 genannt. Der Acorn Mikrocomputer, der von dem Cambridge Student Roger Wilson entwickelt wurde, wird später in Acorn System 1 umbenannt. Ca. 15 Jahre später, 1994, unterzieht sich Roger Wilson einer Geschlechtsanpassung und nennt von da an Sophie Mary Wilson.
Dem System 1 folgen noch die Systeme 2 bis 5, bis Wilson ihnen mitteilt, dass er einen Computerbausatz erstellen könne, der besser sei, als alle bisher auf den Markt verfügbaren (später, nach seinem Abschluss tritt Wilson Acorn bei). Hauser und Curry sind damit einverstanden einen Prototypen zu entwickeln und ihn, falls er gut ist, auch zu verkaufen. Eine Woche später erscheint Wilson mit dem Prototypen und einer selbstgeschriebenen Systemsoftware, die noch in ein PROM gebrannt werden musste. Hauser zweifelt, dass die Software fehlerfrei ist und fragt, wie er diese denn überprüft hätte. Wilson entgegnet aber nur, dass dieses nicht notwendig sei, da er diese gleich von Anfang an korrekt programmiert hätte. Tatsächlich sind aber noch zwei kleine Fehler vorhanden, die aber fünf Minuten später beseitigt sind.
Die Firma beginnt mit der Herstellung des Computerbausatzes, der 1979 auf den Markt kommt. Zeitgleich erscheint in den USA von Apple ebenfalls der erste Rechner. Hauser verfolgt mit seinem Bausatz zwei wesentliche Punkte: Zum einen soll der Rechner technologisch vor allen Konkurrenten liegen, zum anderen soll er einfach zu benutzen sein. „Einfach zu benutzen“ heißt in der damaligen Zeit allerdings, dass Programme per Hexcodes eingegeben werden müssen. Auf einer Computermesse stellen sie den neuen Rechner fertig zusammengebaut vor. Auf dieser soll sich auch folgendes ereignet haben (Ausschnitt aus einem Interview mit Hauser):
‚Onto the stand came a nine-year-old boy with his younger brother in tow. And he said: „Look, Johnny, this is the new Acorn machine.“ I thought, precocious whizzkid, knows the Acorn. And he said: „Look, Johnny, this is a hexadecimal keyboard.“ And I thought, this kid’s really picked up some jargon here. Then he said: „Look, Johnny, it says Mem here; this is probably for memory.“ So I thought, this will throw him. So he pressed Memory, and said: „Ha! You’ve got four hexadecimal digits here: this must be the address.“ He went on like this through the whole thing. I was just completely flabbergasted, because he knew more about it than I did.‘
Aber so kompliziert der Bausatz auch für Erwachsene ist, er ist doch leichter zu bedienen, als die Konkurrenzprodukte; auch ist der Rechner erweiterbar, u.a. mit einer Videokarte oder mehr Speicher.
Der Atom
Der nächste Rechner von Acorn ist der ATOM, der im März 1980 auf dem Markt erscheint. Seine Platine ist im wesentlichen ein System 3 Board, das über zwei ungewöhnliche Features verfügt: Zum einen kann man ihn an einen Fernseher anschließen, zum anderen besitzt er ein richtiges Gehäuse mit Tastatur. Dieser neue Rechner wird in ganzseitigen Anzeigen in Practical Electronics beworben und kostet £120 als Bausatz und £170 fertig zusammengebaut. Der ATOM hat einen derartig großen Erfolg, dass Hauser und Curry die eintreffenden Schecks sackweise zur Bank bringen können.
Die junge Firma braucht aber schnell mehr Geld, da die £200 Startkapital, die Hauser und Curry eingebracht haben, auch 1978 nicht ausreichend für eine Firmengründung sind. So stattet Hauser dem Manager der örtlichen Bank einen Besuch ab. Von diesem bekommt er einen ersten Kredit über £5000, einen zweiten über £10000. Weitere Kredite nimmt Hauser noch in den nächsten Monaten auf.
Der BBC Micro
Im Jahr 1979 produziert die BBC (British Broadcasting Corporation) die dreiteilige Serie „The Silicon Factor“, welche die sozialen Auswirkungen der Mikrochip-Revolution behandelt. Im November desselben Jahres beginnt die BBC mit den Vorbereitungen einer zehnteiligen Serie unter dem Arbeitstitel „Hands on Micros“ und ab Oktober 1981 ausgestrahlt werden soll. Diese Serie soll Zuschauer an den Computer heranführen und ihnen dabei helfen sich für einen zu entscheiden. Die Serie bildet den Start des BBC Computer Literacy Project (CLP), das vom Produzenten der Serie „The Silicon Factor“ David Allen geleitet wird. Sie wird als Reaktion auf die sehr einflussreiche ITV Dokumentation „The Mighty Micro“, die auf dem gleichnamigen Buch basiert, gestartet, in der Dr. Christoph Evans vom National Physical Laboratory in London die bevorstehende Mikrocomputerrevolution und deren Auswirkungen auf Wirtschaft, Industrie und unser alltägliche Leben voraussagt.Die BBC will ihr Projekt auf einen Computer aufbauen, der in der Lage sein soll, all die Dinge zu machen, die in der Serie „The Computer Programme“ ziemlich gut erklärt werden. Er muss folgende Themen abdecken: Teletext/Telesoftware, Kommunikation, Steuerhardware, Programmierung, künstliche Intelligenz, Grafik, Sound usw. Sie setzen ein Papier auf, dass die Leistungsmerkmale enthält und gehen auf die Suche nach einen Hersteller. Zwar führt die BBC erste Gespräche mit Clive Sinclair, aber dieser versucht den NewBrain an sie zu verkaufen, der die Spezifikationen nur sehr ansatzweise erfüllt. Die BBC nimmt aber auch zu anderen Firmen Kontakt auf, u.a. mit Acorn und Dragon Data. Insgesamt kontaktiert die BBC sieben Unternehmen von denen sie denken, dass sie in der Lage sind einen geeigneten Computer zu entwerfen.
Einer Legende zufolge entschied sich die BBC zuerst für den NewBrain, aber während der Entwicklung traten Problemen auf, so dass das Gerät nicht im Oktober 1981 zur Ausstrahlung vom Hands on Micros fertig geworden wäre. Angeblich zwang dieses die BBC dazu den Starttermin der Serie zu verlegen und sie schließlich als „The Computer Programme“ im Januar 1982 auszustrahlen. Eine BBC Dokumentation aus dem Jahr 1983 bestätigt die Probleme bei der Entwicklung der Hardware, die aber nichts mit denen bei Newbury Labs zu tun haben. In der Dokumentation wird auch erläutert, dass der Vertrag mit Acorn, die BBC Maschine zu entwickeln, schon im Februar 1981 geschlossen wurde.
Ein kleines Team bei Acorn, mit Steve Furber als Chefdesigner und u.a. Roger Wilson und Ramesh Bannerji, arbeiten drei Nächte durch, um einen Prototypen, den Arcon Proton, Radcliffe und anderen BBC Direktoren rechtzeitig zu präsentieren. Der Proton erfüllt nicht nur die Spezifikationen der BBC, er übertrifft sogar fast alle und ist somit der klare Gewinner und 1981 schließt Acorn einen Vertrag mit der BBC ab. Acorn braucht jetzt aber wieder Geld und Hauser versucht bei seiner Hausbank diesmal 1 Million Pfund locker zu machen. Dieses wird ihm verweigert. Barclays nutzt die Chance und leiht Acorn die 1 Million Pfund.
Am 1. Dezember 1981 erscheint das erste Modell, das BBC Modell A mit 16 KByte RAM und wird für £235, das BBC Modell B mit 32 KByte RAM für £335 verkauft und wird zum „de facto“ Standard in den Schulen. Der Rechner verfügt auch noch über ein nettes Feature, über das später auch der Sinclair Spectrum verfügt: Er kann blinkenden Text darstellen. Selbst virtuelle Bildschirme mit bis zu 1280 x 1024 Pixeln werden unterstützt und entsprechende Befehle sind im Basic schon implementiert.
Der reduzierte Speicher des Modell A bedeutet, dass nicht alle möglich Grafikmodi dargestellt werden können. Die Grafikmodi sind mit 0 bis 7 bezeichnet, von denen das Modell A die Modi 0 bis 3 (darunter 640 x 256 in 2 Farben, 320 x 256 in 4 Farben, 160 x 256 in 8 Farben) nicht darstellen kann.
Die Soundfähigkeiten sind ebenfalls sehr gut: 4 Kanäle (3 x Sound, 1 x Rauschen) und optional ein Hardware-Sprachsynthesizer werden unterstützt. Der Synthesizer basiert auf Phonemen, die vom BBC-Sprecher Kenneth Kendall gelesen und digitalisiert wurden. Als Prozessor wird der 6502A mit 2 MHz eingesetzt, spätere Modelle verwenden den 6512A mit derselben Taktfrequenz.
Der Hardwaresupport erlaubt (fast) alles anzuschließen, was bisher an Rechner anschließbar ist: Cartridges, Kassettenrekorder, Drucker per Centronics-Port, RS-432 Geräte, Diskettenlaufwerke, TV/Monitor, Analog-Joysticks und ein Userport stehen zur Verfügung. Das günstigere Modell A besitzt einen TV-Anschluss, der Modell B einen RGB-Monitoranschluss. Wer über genug Kleingeld verfügt, kann sogar eine Festplatte mit 5, 10 oder 20 MByte Speicher anschließen. Optional gab es Econet, Acorns Netzwerktechnologie mit 100 Kbit/s Übertragungsgeschwindigkeit.
Es kann sogar ein zweiter Prozessor (6502, Z80 (für CP/M), 32016 und ARM1) eingesetzt werden. Acorn ist so stolz auf die Technologie, die einen zweiten Prozessor erlaubt, dass diese als Warenzeichen eingetragen wird: The Tube.
Das Modell A kann sehr einfach auf das Modell B aufgerüstet werden. Es muss nur zusätzlicher RAM eingesteckt werden und der für den User/Druckerport benötigte 6522 VIA, dessen Zeitgeber auch viele Spiele benutzen. Um ihn auf ein vollwertiges Modell B aufzurüsten, kommt man um ein paar Lötarbeiten nicht herum, denn die zusätzlichen Anschlüsse werden mit dem Board verlötet.
Das BBC Modell B mit zweiten 6502 Prozessor entwickelt sich später zum Master Turbo, das Modell B mit dem zweiten Z80 Prozessor wird später zum Master 512, aber besitzt einen 80186 als Hauptprozessor.
1982 erreicht der BBC Micro in England einen hohen Verbreitungsgrad. Acorn schätzt, dass ca. 12.000 Stück verkauft werden, tatsächlich werden es aber schließlich über 1,5 Millionen BBC Micros. David Allen ist Produzent des wöchentlichen BBC TV Magazins „Micro Live“, die Teil des „BBC Computer Literacy Project“ ist und vom 2. Oktober 1983 bis 1987 läuft. John Radcliffe als Produktionsleiter hat die Gesamtleitung inne.
Die BBC dreht noch einige weitere Serien über den BBC Mirco, darunter: „The Computer Programme“, „Making the Most of The Micro“, „Computers In Control“ (über Roboter und Hardware) und „Doomsday Project“ im Jahre 1986. In vielen weiteren Serien (u.a. „Dr.Who“) und Trailern, wird der BBC Mirco gezeigt, oder er produziert einige Grafikeffekte.
Bill Gates kommt sogar extra zu einem Gespräch nach England, um Hauser zu fragen, ob Acorn MS-DOS adaptieren möchte. Aber weder MS-DOS, noch MS-BASIC wird von Acorn lizenziert. Wilson hat seinen eigenen Interpreter entwickelt, der MS-BASIC in jedem Punkt schlägt. Und zu dem Vorschlag, MS-DOS zu adaptieren, bekommt Bill Gates nur als Antwort, er solle sein Betriebssystem mit ihrem eigenen System vergleichen und wird feststellen, dass sie mit MS-DOS einige Schritte zurück machen würden.
Das Betriebssystem enthält u.a. Netzwerk-Fähigkeiten, die von Andy Hopper entwickelt wurden und als „Cambridge Ring“ bekannt werden, noch Jahre vor Ethernet (und in einigen Punkten auch besser). Teile des „Cambridge Ring“ werden später sogar noch bei ATM (Asynchronous Transfer Mode) benutzt. Allerdings verpasst Acorn die Chance diese Technik zu standardisieren. 1984 kopiert Apple den Cambridge Ring unter den Namen AppleTalk. Das BBC Basic wird aber auf einige Systeme portiert, u.a. dem IBM-PC und Apple Mac. Bei zwei Rechnern ist es sogar standardmäßig vorhanden: Beim Z88 (von Sinclair) und dem Tatung Einstein.
Der Electron
Gerade weil der BBC B auch gut zu erweitern ist, ist er auch recht teuer. Sinclair hat gerade den ZX Spectrum, der aber noch nicht zu kaufen ist, vorgestellt, da entscheidet Hauser im Juni 1982, noch nicht einmal zwei Monate nach der Vorstellung des Spectrums, dass Acorn eine konkurrierendes Gerät entwickeln soll. Dieses Gerät soll günstiger sein als der gut zu erweiternde (und deshalb auch teure) BBC B. Sinclair veranschlagt für den ZX Spectrum mit 48 KByte £175, Hauser nennt in der Popular Computing Weekly als Preisvorstellung für die neue Maschine £120 bis £150 und gibt bekannt, dass der Acorn Electron noch im dritten Quartal diesen Jahres zu kaufen sein wird. Hiermit möchte Acorn auch auf den Markt für preisgünstige Computer Fuß fassen, der derzeit in Großbritannien von Sinclair mit seinem ZX81 beherrscht wird.Der Acorn Electron erscheint Sommer 1983. Chris Curry bezeichnet ihn als direkten Konkurrenten zum ZX Spectrum, ist der Electron doch auf einen günstigen Einstiegspreis hin entwickelt worden ohne aber wesentliche Einschränkungen in Bezug auf die Erweiterbarkeit hinnehmen zu müssen: Er verfügt ebenfalls über das sehr gute BBC-BASIC und alle Grafikmodi (bis auf den Teletext-Mode für den ein extra Chip, der SAA5050, benötigt werden würde). Anstelle von drei Soundkanälen hat er nur einen und die teuren Expansionsports wurden entfernt, diese sind aber mit einer Zusatzkarte „Plus 1“ und „Plus 3“ wieder verfügbar.
Um die Kosten senken zu können, verfügt der Electron nicht über die 6845 CRTC und die Memory-, Serial-IO und Timer-Chips des BBC, sondern nur über eine ULA (Uncommitted Logic Array), die von Steve Furber, der schon den BBC Micro mitentwickelt hat, entworfen wird. Damit bedient sich Acorn desselben Tricks, den Sinclair beim Sprung vom ZX80 zum ZX81 vollzogen hat: Sind beim ZX80 noch hauptsächlich Standard TTL-Bausteine verbaut, werden diese im ZX81 durch einen einzigen Chip ersetzt. Mit der ULA erkauft man sich aber auch ein paar Nachteile: Hardware-Scrolling wird nicht unterstützt und die Grafikmodi 0, 1 und 2 sind merklich langsamer. Zudem sind Speicherzugriffe aufgrund des Wechsels zu 64 Kbit DRAMs deutlich langsamer, war die BBC Micro Architektur doch nur für 32 KByte ausgelegt und der doppelt so große Speicher zwingt die Entwickler dazu die Speicherbandbreite zu begrenzen. Um weitere Kosten zu sparen, besitzt der Electron auch noch über eine einfachere Tastatur ohne zusätzlichen Funktionstasten.
Im November 1982 berichtet ein Unternehmenssprecher, dass die neue Maschine bis auf die ULAs, fertig zur Auslieferung ist. Dasselbe Versprechen wiederholt Curry im Januar 1983 und verspricht, dass der Electron im März ausgeliefert werden soll. Curry ist sich seiner Sache sicher: Das Design des Electrons mit Board, Gehäuse und Tastatur ist fertiggestellt, auf ihnen findet man den Aufdruck „Copyright 1982“, aber die ULA verzögert sich. Laut Furber liegt es nicht an der Komplexität des Schaltkreises oder dem Auftragsfertiger Ferranti, sondern mit Problemen an den Videoschaltkreisen. Acorn hatte beim BBC Micro Probleme mit der Ãœberhitzung des Videochips, deshalb legte man viel Wert auf das High-Speed Design der ULA. Leider gibt es trotzdem Probleme mit den hochauflösenden Grafikmodi 0 (640 x 256 Pixel in zwei Farben). In diesem Mode fangen Pixel an vereinzelt zu blinken und die Farbe zu wechseln.Während Ferranti an einen Design-Fehler glaubt, meint Furber, dass das Problem bei Ferranti liegt. Letztendlich wird das Problem durch Auswechseln des Spannungsreglers und damit verbundenen Anheben der Spannung behoben. Die ULA ist mit über 2400 Gatter der bisher größte Chip, den bisher ein Hersteller in einen Microcomputer verwendet hat. Mit 68 I/O Pins und 30mm Kantenlänge ist er sogar größer als der 6502 Prozessor.
Wird zunächst verkündet, dass der Electron nur über einen TV-Anschluss und ein Kassetteninterface verfügen wird, kommen noch ein Composite Video Anschluss, ein Monochrom Monitor Anschluss und ein Expansionsbus hinzu. Alle anderen BBC Schnittstellen sind aus Kostengründen nicht vorhanden. So kann man den Preis von £150 für das 32 KByte Modell halten. Leider muss man wiederum den Erscheinungstermin verschieben, jetzt von Ende Mai auf Ende August. Offiziell wird der Electron am 25. August 1983 auf der Acorn User Exhibition in Londons Cunard Hotel in Hammersmith vorgestellt und die Auslieferung kann beginnen.
Soll der Electron ursprünglich für £120 verkauft werden, kommt er für £199 in die Läden. Damit ist er um einiges teurer als der ZX Spectrum, den Sinclair auf £129,95 gesenkt hat. In der Fachpresse erhält er recht gute Bewertungen, auch wegen des Keyboards. Ein Kritikpunkt bleibt aber der langsame Speicher: Man hatte, um Kosten zu sparen, vier 64 Kbit Chips verwendet und konnte so nur 4 Bit auf einmal einlesen. Damit verdoppelte sich die Zugriffszeit und Zugriffe sind signifikant langsamer als beim BBC Micro. Auch die Grafik ist durch die ULA langsamer: In den Modi 0, 1 und 2 ist der Speicherzugriff der ULA interleaved mit dem Prozessorzugriff, im Mode 3 wechselt es sich Zeilenweise mit dem Prozessor ab, in den Modi 4, 5 und 6 läuft der Prozessor mit 1 MHz. Damit braucht ein Programm in den Modi 0, 1 und 2 über 2x, im Mode 3 immerhin nich 1,5x so lange, wie in den Modi 4, 5 und 6.
Weihnachten besteht eine derart große Nachfrage an Electrons, dass Acorn diese nicht befriedigen kann; ca. 100.000 bis dahin produzierten Maschinen steht eine Nachfrage nach ca. 150.000 Geräten gegenüber, so dass viele potentielle Käufer sich für den ZX Spectrum von Sinclair entscheiden. Von den erhofften 300.000 BBC Micros und Electrons, werden nur 200.000 verkauft. 1984 erscheint zudem der Amstrad CPC zusammen mit einem Monitor, Kassettenrecorder und einem vernünftigen Basic. Das gibt dem Electron den Rest.
Der BBC Master
1984 bricht der Heimcomputermarkt zusammen. Atari und Commodore werden verkauft, Apple geht es sehr schlecht und auch Acorn muss kürzer treten, da der BBC immer weiter zurückfällt. Zwar erscheint in diesem Jahr noch der BBC Micro Modell B+, ein BBC B mit 64 KByte oder als B+128 mit 128 KByte RAM. Da er aber über sonst keine Verbesserungen verfügt, wird er nicht sehr häufig verkauft.
Einen Großteil der Gelder steckt in die Entwicklung eines neuen Rechners, den BBC Master, dem ARM-Projekt und dem Acorn Business Computer (ABC), der sich letztendlich als Fehlinvestition erweisen sollte. Die Expansion in die USA verschlingt weitere Millionen US-Dollar: Der BBC Micro muss die Anforderungen an die Abstrahlung erfüllen und die dafür erforderlichen Anpassungen kosten Acorn letztendlich US$ 20 Millionen. Von den für den amerikanischen Markt modifizierten BBC Micros, u.a. musste die TV-Norm an NTSC angepasst werden, werden nur wenige verkauft.
Aufgrund der schwierigen Situation verhandeln Hauser und Curry mit Olivetti und vereinbaren am 20. Februar 1985, dass diese £12 Millionen in Acorn investieren und dafür einen Aktienanteil von 49,3% erhalten. Der Großteil des Geldes wird zur Tilgung der Verluste des letzten Halbjahres benutzt, die immerhin £11 Millionen betragen haben. War Acorn zu seinen besten Zeiten £190 Millionen an der Börse wert, sind es jetzt nur noch knapp £25 Millionen. Ein halbes Jahr später, im September, übernimmt Olivetti schließlich 79% von Acorn.
1985 veröffentlicht Acorn den BBC Master in mehreren Versionen: Master 128 (128 KByte RAM), Master Turbo, Master ET („Econet Terminal“ ohne Kassettenrekorder oder Diskettenlaufwerk), Master 512 (mit 512 KByte RAM und der Fähigkeit DOS+ und GEM laufen zu lassen), Master Compact (nur ADFS, kein Cassettenanschluss).
Der Master besitzt bessere Grafikauflösungen und neue professionelle Features. Er besitzt auch zwei Cartridge-Ports (wie beim Electron Plus 1). Trotzdem ist der Master nur ein Lückenbüßer, der Geld für das nächste große Projekt bringen soll; allerdings hat er schwer mit dem Atari-ST zu kämpfen, der günstiger ist.
Der Archimedes
Der Acorn Archimedes erscheint Juni 1987 in vier Varianten, als A305, A310, A410 und A440, und ist der erste Heimcomputer, der einen RISC Prozessor verwendet. Der A305 wird mit 512 KByte RAM und der A310 mit 1 MByte RAM geliefert (ein A305 kann zu einem A310 erweitert werden, indem man einfach den Speicher nachrüstet) und verfügt über zwei Erweiterungsslots (2×64 Pins). Der A410 kommt mit 1 MByte RAM, der A440 sogar mit unglaublichen 4 MByte RAM und einer 20 MByte Festplatte, und hat vier Slots (einer mit 96 Pins). Die A300 Modelle, die hauptsächlich für Heimanwender gedacht sind, können über eine Zusatzplatine „Podule“ zu einem A400 Modell, das für Geschäftsleute oder technische Anwendungen konzipiert wurde, aufgerüstet werden.
Als der A440 erscheint, verlangt Acorn für die Modelle A305 und A310, £799 bzw. £875, und für das Spitzenmodell A440 stolze £2299. Der Farbmonitor kostet noch einmal £200 extra.
Alle Modelle werden mit dem sehr schnellen BBC Basic V, Desktop Manager (GUI) und einem BBC Modell B Emulator geliefert. Bis zum A3020 trägt er noch das BBC Logo, obwohl er nicht mehr kompatibel zum BBC ist (bis schließlich ein 6502 Emulator zum RISC OS geliefert wird).
Der Archimedes ist dem BBC/Master weit überlegen. Mit seinem 32-Bit ARM RISC Prozessor ist er über 10-mal schneller als ein vergleichbarer PC zu dieser Zeit (386/16MHz) und leistet 4 MIPS. Man erinnere sich nur an das von David Elite Braben geschriebene 3D-Demonstrationsspiel „Lander“, auch bekannt als „Zarch“, von Superior Software. Die CPU wird mit 8 MHz getaktet und ihm stehen spezielle Speicher- („Anna“), Video- („Arabella“) und I/O-Controller („Albion“) zur Verfügung. Diese werden, wie alle anderen Zusatzbausteine, u.a. von Tudor Brown und Mike Muller entworfen.
1988 erscheint RISC OS (Codename „Arthur“), ein Multitasking OS und GUI, das u.a. auch Anti-Aliasing bei den Fonts und Laser-Drucker unterstützt. Entworfen wird es von einem Team um Paul Fellows. Die ersten Maschinen werden noch mit Arthur 0.2 ausgeliefert. Dieses wird aber schnell durch Arthur 0.3 und 1.2 abgelöst. Ende 1988 erscheint RiscOS 2, 1989 dann RiscOS 3.0.
Im Februar 1989 wird der R140 vorgestellt, die erste Unix Workstation unter £4000. Als Betriebssystem wird Risc iX mitgeliefert, eine Unix für ARM Variante. Im Juni 1990 folgen ihm der R225 und R260. Der R260 kostet zum Erscheinungstermin £5000, der A540, der mit 4 MByte RAM nur halb soviel Speicher besitzt, nur die Hälfte des R260. Nur knapp drei Jahre später, Anfang 1992, wird die Weiterentwicklung von Risc iX eingestellt.
Im Mai 1989 erscheint dann der A3000 (der neue BBC Microcomputer). 1990 gründet Acorn die Advanced RISC Machines Ltd (ARM) in Zusammenarbeit mit Apple Computer Inc und entwickeln den ARM Prozessor (u.a. von denselben Leuten, die auch für den ersten Computerbausatz verantwortlich waren). Beide Unternehmen halten je 43% Anteile an dem Unternehmen mit VLSI als zusätzlichen Investor und ersten Lizenznehmer für ARM Prozessoren. Zu dieser Zeit kommt auch der A5000 auf den Markt. Dieser setzt einen 25 MHz ARM 3 Prozessor ein, der später mit 33 MHz getaktet wird. Er ist als Nachfolger für die professionell orientierte A400 Serie gedacht.
1991 kommt der A4 auf den Markt, eine Laptop Version des Archimedes (der erste Laptop mit einem RISC Prozessor und auch schnellste). Er ist fünfmal schneller als ein 486er mit 50 MHz und das Betriebssystem ist in einem 2 MByte großem ROM untergebracht. Das Display ist 9″ groß und die Akkus erlauben eine Laufzeit von 3 Stunden.
Nach dem A4 bringt Acorn 1994 die RiscPC auf den Markt. Der RiscPC 600 verwendet den ARM 610 mit einer Taktfrequenz von 30 MHz und als Betriebssystem RiscOS 3.5. 1995 erscheint der Nachfolger RiscPC 700. Die RiscPCs besitzen 2 Steckplätze für die CPUs, wobei der 2. Steckplatz für eine x86-Karte verwendet werden kann. Hiermit ist es sogar möglich, Windows (3.x) in einem Fenster laufen zu lassen. Mit diesen Prozessorsteckplätze ist es sogar möglich in einem RiscPC 600 einen StrongARM (mit 200 MHz) einzubauen. Es muss lediglich das Betriebssystem aktualisiert und die Karte getauscht werden. Auch die Übertaktung der Prozessoren ist möglich, so dass ein StrongARM ohne weiteres mit 287 MHz laufen kann.
1997 erscheint der A7000+, eine einfachere Variante des RiscPC 700. Bei diesem muss sich der Anwender für entweder eine Erweiterungskarte oder ein CD-ROM Laufwerk entscheiden und es gibt kein VRAM. Dafür ist der Rechner recht klein und günstig.
Set-Top-Boxen und Netzwerkcomputer
1994 versucht Acorn mit der Acorn Online Media in das VOD (Video-on-Demand) Geschäft einzusteigen, verspricht man sich davon doch hohe Gewinne. Bis auf ein paar Projekte im Bildungsbereich, blieb der VOD Boom jedoch aus. Als Larry Ellision, der Gründer der Oracle Corp., schließlich die Bedeutung von Netzwerkrechnern Anfang 1995 herausstellt und Malcolm Bird, Geschäftsführer der Acorn Online Media, erkennt, dass es sich hierbei praktisch um eine VOD Set-Top-Box handelt, verhandeln Acorn, Olivetti und Oracle über eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung eines Netzwerkcomputers. Im Februar 1996 gründen sie die Acorn Network Computing, die ab August dann den Acorn Network Computer vertreiben und für Oracle den Netsurfer entwickeln, zu dem es später noch einen Nachfolger, die Netstation, gibt. Das Betriebssystem ist NC OS 1.06 (ein modifiziertes RiscOS 3.6). Aber auch diese Technik stellt sich später als wenig attraktiv heraus.
Die Umstrukturierung
Zwischen 1996 und 1998 verkauft Olivetti Teile der Acorn Group. Acorn wird restrukturiert und Tochtergesellschaften wieder eingegliedert. Der Workstation-Bereich wird Ende 1998 von Acorn RISC Technologies übernommen und Acorn selbst stellt die Produktion von Desktop-Computern endgültig ein. ARM, nach dem Börsengang 1998 als ARM Holding neu eingetragen, geht es zunehmend besser.
Acorn Computers Limited wird Anfang 1999 zu Element 14 Limited umbenannt und soll fortan als reines Entwicklungsunternehmen im Bereich der DSPs (Digital Signal Processor) fungieren, ähnlich wie es ARM bei den Prozessoren vormacht. Um Juni wird die Acorn Computers Group auf Druck der Aktionäre an Morgan Stanley Dean Witter (MSDW) Investments Limited verkauft und führt zu einer Auszahlung des ARM-Anteils an die Acorn Aktionäre. Morgan Stanley verkauft schließlich den Bereich der Set-Top-Boxen (und damit auch über RISC OS) für £200.000 an Pace. Element 14 wird im Juli dann von einem durch Stan Boland angeführten Team für £1,5 Millionen von MSDW gekauft. Durch den Einstieg von Bessemer Venture Partners, Atlas Ventures und Hausers Amadeus Capital Partners entwickelt Element 14 weiter DSP Produkte, bis sie November 2000 für £366 Millionen von Broadcom aufgekauft werden.
Die Entwicklung des Betriebssystems RISC OS wird von RiscOS Ltd. fortgeführt (1999: Version 4.02, 2007: Version 6) und einige Drittanbieter wollen Computer mit diesem OS anbieten. So bietet die Firma Castle Technology Ltd. u.a. die Modelle 7000+ Classic und 7000+ Odyssey an.
ARM stellt weiterhin RISC basierte Produkte her. Der ARM Prozessor ist gerade bei eingebetteten Systemen („embedded Systems“) sehr beliebt. So ist heute ist in den meisten Mobiltelefonen eine ARM-CPU verbaut.