1982 bringt der Taschenrechnerfabrikant Commodore den C64 auf den Markt. Dieser wird zum meistverkauften Heimcomputer aller Zeiten. Hier die Story über die Programme, die ihm dabei halfen…
Die Epyx-Story
Wenn es eins gibt, das mit den Computern aus den späten 70er Jahren zusammenfällt, dann das Spiel Dungeons and Dragons von TSR. Jim Connelley ist Dungeon Master eines Dungeons and Dragons Spiels in Kalifornien und einer der regelmäßigen Spieler ist John Freeman, der zwar in Sachen Computer ein Anfänger, aber dafür ein versierter Spieledesigner ist. Er ist Autor zweier Bücher und Brettspiele und freier Mitarbeiter der Hobby-Zeitschrift GAMES. Darum bemüht das Geld für seinen kürzlich erstandenen Commodore PET wieder hereinzuholen, gewinnt Connelley Freemans Hilfe für die Entwicklung des in BASIC geschriebenen Starfleet Orion.
Als sie 1978 das Spiel fertigstellen, haben sie das erste weltraumbasierende taktische Kampfspiel für einen Mikrocomputer entworfen. Damit sie das Spiel vermarkten können, gründen sie die erste Firma, die sich mit dem Vertrieb von Computerspielen beschäftigt: Automated Simulations. Zu dem Spiel gibt es eine Fortsetzung, ebenfalls für den PET, mit Namen Invasion Orion. Beide Spiele sind ein Erfolg und werden schließlich auf andere Systeme, wie den Apple II und TRS-80, portiert. Aber den richtigen Durchbruch schaffen sie 1979 mit dem ersten Teil der Dunjunquest Serie: Temple of Apshai.
Stark beeinflusst von D&D, entwickeln die beiden das erste RPG (role playing game, Computer-Rollenspiel), bei dem Figuren mit unterschiedlicher Stärke, Ausdauer, Geschicklichkeit, Intelligenz, Intuition und Ego erstellt werden können. Im Gasthaus können diese Figuren dann noch mit Waffen und Schilden aufgestockt werden. Ein weiterer innovativer Ansatz ist, dass man mit dem Gastwirt feilschen kann und ihm ein Gegenstand von geringerem Wert für eine Ware anbieten kann, in der Hoffnung, dass dieser das Angebot akzeptiert. Einmal ausgestattet betritt der Spieler den Tempel, der von einer Vielzahl von Monstern bevölkert wird, und durchsucht diesen nach Truhen, die Schätze beinhalten können. Die Grafik ist sehr eingeschränkt, die Räume enthalten nur eine mögliche Truhe, bewachende Monster und nackte Wände. So wie der Spieler seine Figur durch die Dungeons bewegt, eröffnet der Korridor neue Wege und Räume und der Spieler muss das Handbuch konsultieren, welches immense Raumbeschreibungen enthält.
Das Spiel gewinnt 1980 den Preis der Academy of Adventure Gaming Arts & Design’s Origin für das beste Computerspiel und es entstehen zwei Fortsetzungen: Upper Reaches of Apshai und Temple of Ra. Diese werden auf fast jede größere Plattform konvertiert und 1985 wird die gesamte Trilogy mit besserer Grafik erneut veröffentlicht. Andere Spiele, die die Firma in ihren Anfängen produziert, sind u.a. Crush Crumble and Chomp, Star Warrior, Keys of Acheron, Datestones of Ryn und Rescue at Rigel.
Als Automated Simulations 1980 auf der West Coast Computer Faire ausstellt, trifft Freeman auf seine zukünftige Frau und Verbündete, Anne Westfall, die an einem benachbarten Stand ein Programm für den TRS-80 vorstellt. 1981 scheiden beide aus der Firma aus und gründen FreeFall Associates. In ihrem alten Unternehmen gibt eine Richtungsänderung, als das neue Management den Firmennamen in Epyx ändert und nun darauf drängt, mehr actionorientierte Spiele zu entwickeln, so wie Jumpman von Randy Glover 1983, das ein eindrucksvoller Neueinsteiger bei den Plattformspielen ist.
Der Spieler schlüpft in die Rolle des Titelhelden und rennt in einem Gebäude herum, um kleine herumliegende Bomben zu entschärfen. Mit drei Schwierigkeitsstufen und über 30 verschiedenen Spielbildschirmen macht das Spiel schnell süchtig, einige Level sind regelrecht teuflisch . Das Spiel ist ein Erfolg und wird über 40.000 mal verkauft. Ihm folgt noch im selben Jahr Jumpman Jr.
Aber die Firma spaltet sich auf und Connelley verlässt sie, zusammen mit dem größten Teil der Programmierer. Mit einigen Investoren in der Hinterhand, stärkt Epyx sein Personal durch den Zusammenschluss mit Starpath, die zuvor unter dem Namen Arcadia bekannt waren, bis sie dazu gezwungen wurden ihn durch das Erscheinen von Emersons Spielkonsole Arcadia 2001 zu ändern.
Starpath sind die Erfinder des Supercharger für den Atari 2600 aus dem Jahre 1982, ein Gerät, das es erlaubt Spiele von Kassette zu laden. Das möglicherweise bekannteste Spiel für den Supercharger ist Escape from the Mindmaster, ein frühes 3D-Spiel von Dennis Caswell.
Ebenfalls 1983 erscheint Pitstop , ein außergewöhnliches Autorennen, bei dem ständig verschlechternde Reifen den Spieler dazu zwingen, einen Gassenstopp einzulegen. Dort präsentiert das Programm dem Spieler eine realistische Pitstop-Sequenz, bei der der Spieler die Crew beim Reifenwechsel . und beim Nachfüllen des Tanks kontrolliert. Pitstop folgt 1984 Pitstop II mit einer extrem verbesserten Grafik und einer fast perfekten Simulation von Ataris Pole Position, aber mit einer ebenso schlechten Kontrolle über das Fahrzeug. Das Spiel besitzt als erstes einen geteilten Bildschirm, der 2-Spieler-Rennen erlaubt.
Als 1984 das olympische Fieber in den USA tobt und Los Angeles sich auf die Sommerspiele vorbereitet, ist Epyx unter Zeitdruck einen weiteren Erfolg zu produzieren. Scott Nelson, einer der früheren Programmierer von Starpath, hat für den Supercharger ein Zehnkampfspiel unter dem Namen Sweat! programmiert, aber als die Firma mit Epyx fusioniert wird das Projekt auf Eis gelegt. Obwohl dieses Atari 2600 Spiel nur wenig mit dem aktuellen Programmcode gemeinsam hat, bietet es doch den Anstoß zu Epyx phantastischem Sportspiel Summer Games. An diesem Spiel arbeitet nun das neue Programmiererteam von Starpath an den einzelnen Episoden.
Summer Games wird von dem Chefprogrammierer Stephen Landrum und seiner Crew Randy Glover, Jon Leupp, Brian McGhie, Stephen Murdry and Scott Nelson 100% in Assembler geschrieben. Es ist auch das erste Spiel von Epyx, für welches ein Grafiker, Erin Murphy, beschäftigt wird. Von da an werden Grafiker und Soundtechniker bei jeder Spieleentwicklung eingesetzt.
Es werden acht olympische Disziplinen präsentiert, darunter Stabhochsprung, Turmspringen und Schießen und das ganze wird gekürt mit einer Eröffnungszeremonie , die erst die richtige olympische Atmosphäre bietet. Jede Disziplin hat ihre eigene Steuermethode, entweder muss der Joystick nur wild gerüttelt werden, oder man muss relativ komplizierte Bewegungen ausführen. Jede Sportart wird mit viel Liebe zum Detail präsentiert und Summer Games ist eines der ersten Sportspiele, das über einen 2-Spieler-Modus verfügt. Bis zu acht Spieler können an dem Wettkampf teilnehmen und die Optionen erlauben es, entweder eine Disziplin zu üben, an einer bestimmten Anzahl von Disziplinen teilzunehmen oder den ganzen Wettkampf durch zu spielen.
Der Spieler kann aus einer riesigen Anzahl von Ländern, jedes durch seine Flagge und Nationalhymne repräsentiert, auswählen. Die besten Zeiten werden in den Weltrekorden gespeichert und geben die Motivation dazu, durch Ãœben immer besser zu werden. Obwohl die Spieleentwickler ihre Tools von Grund auf neu schreiben müssen, wird Summer Games in nur sechs Monaten fertiggestellt und wird über 100.000 mal verkauft. Die „Games“ Serie wird mit vielen weiteren Spielen fortgesetzt, u.a. mit Summer Games II und Winter Games (1985), World Games (1986), das am besten verkaufte Spiel aus der Games-Reihe California Games (1988) und California Games II. 1988 erscheinen The Games: Summer Edition und The Games: Winter Edition, grafisch aufgemotzte Versionen der ursprünglichen Sportarten.
Aufbauend auf ihre Erfahrungen mit Jumpman, bringt Epyx 1984 Impossible Mission von Dennis Caswell heraus, wahrscheinlich eins der besten Plattformspiele, das je veröffentlicht wurde. Der Spieler läuft durch einen riesigen unterirdischen Gebäudekomplex in der Gestalt eines akrobatischen Geheimagenten, der den bösen Professor Elvin Atombender davon abhalten muss seinen Plan, die Erde in einer Nuklearexplosion untergehen zu lassen, zu verwirklichen. Während unser Held allerlei herumliegende Gegenstände untersuchen muss, darf er keinesfalls in Kontakt mit den in den Räumen herumfahrenden Robotern kommen, die versuchen ihn zu rösten .
Die Roboter sind alle sehr amüsant, verschieden im Verhalten und ihren Fähigkeiten. So rasen einige auf einen zu und verabreichen einen Elektroschock, andere bekommen kaum ihre Hände aus ihren RS-232 Ports und nehmen kaum wahr, dass man überhaupt da ist. Verteilt findet man auch Computerkonsolen, die, wenn man sie benutzt, Roboter für einige Momente still legen können oder die Fahrstühle in einem Raum zurücksetzen. Das Spiel bietet einen 6-Stunden-Countdown in Echtzeit, um alle versteckten Puzzles zu finden und mit seinem Pocketcomputer zusammenzusetzen. Jedes Mal wenn der Agent stirbt, werden 10 Minuten Zeit abgezogen. Ist keine Zeit mehr übrig, vernichtet Elvin die Welt mit einem bösen Lachen. Es gibt auch zwei Räume, in denen der Spieler wie bei Simon bzw. Senso mehreren Farbcodes und Sounds folgen muss, um mehr zurückgesetzte Fahrstühle und Robotercodes zu erhalten.
Jeder Aspekt des Spiels ist verblüffend: Es gibt eine beispiellose Animation der Spielfigur, wenn er rennt oder über seine Feinde springt, einen kniffligen Aufbau der Räume mit Rätseln und Soundeffekten, welche die richtige Atmosphäre verbreiten. Eine echte Besonderheit ist die Sprachsynthese, erstellt durch die Firma Electronic Speech Systems, die aber nicht ganz die Erwartungen der Programmierer erfüllt. Wie auch immer, es hat einen sehr amüsanten Effekt auf die gesamte Atmosphäre, die das Spiel verbreitet, darunter die Begrüßung des verrückten Professors: „Welcome, another visitor. Stay awhile…..staaaaay forever!“ , zu jeder vollen Stunde befiehlt Dr. Elvin seiner Blecharmee „Destroy him, my robots.“ und wenn unser Held in einen Fahrstuhlschacht stürzt gibt es ein qualvolles „AAAAAAaaaaaaAAAAGGGGHHHHhhhhh!“ , das einen aus dem Stuhl hoch schrecken lässt.
Das einzige echte Problem an dem Spiel ist, dass es seinem Namen alle Ehre macht. Mit seinen Puzzlekomponenten ist es eines der schwierigsten Spiele, das bis dahin entworfen wurde. Dutzende von Puzzleteile sind zu finden und alle müssen in die richtige Reihenfolge gebracht werden, indem man sie horizontal oder vertikal spiegelt, was eine Vielzahl von Möglichkeiten zulässt. Man kann zwar das Hauptquartier zur Hilfe anrufen, dieses kostet aber ganze zwei Minuten. Auch mit nur einer geringen Wahrscheinlichkeit, das Spiel überhaupt zu lösen, ist es ein voller Erfolg und es werden über 40.000 Exemplare verkauft. Einige schafften es aber das Spiel zu lösen und man kann diese Leistung heute im Web bewundern.
Ein schlechter Nachfolger, Impossible Mission II , erscheint 1988 mit einfacheren Puzzles und schlechterer Grafik. 1994 erscheint Impossible Mission 2025 für den Commodore Amiga und CD-32 von Microprose, England. Man hat es immer noch mit dem bösen Atombender zu tun und dieser versteckt sich auch immer noch in einem gut befestigten Komplex bewacht von todbringenden Robotern und man muss immer noch Teile eines Puzzles finden, um Atombender zu besiegen, aber man kann nun wählen, ob man ein Roboter, eine Turnerin mit Namen Tasha oder der Soldat Felix Fly sein möchte. Mit in das neue Spiel eingebaut ist die komplette ursprüngliche Version.
An ihrem Höhepunkt angekommen, beschäftigt Epyx über 200 Mitarbeiter und erwirtschaftet zwischen 9 bis 10 Millionen US-Dollar jährlich. Das Produkt, das sich am besten verkauft, ist das Fast Load Cartridge, welches die Geschwindigkeit des C64 Floppylaufwerks 1541 verfünffacht und über 350.000 mal verkauft wird. Das Unternehmen geht auch einige Lizenzabkommen ein, u.a. mit Barbie, G.I. Joe und Hot Wheels. Aber mit Beginn des Jahres 1989 fallen die Umsätze, da der Vorsprung von Epyx zu anderen Firmen kleiner geworden ist. Der C64 gilt nicht mehr als Hauptspieleplattform und ein neues Projekt mit Namen Handy, das welterste Taschen-Farbvideospiel, kostet einiges an Entwicklungskosten. Ein weiteres Problem ist, dass Epyx Spiele zu denen gehören, die am häufigsten kopiert werden. Praktisch jeder, der einen C64 besitzt, besitzt auch Summer Games und Impossible Mission, aber nur sehr wenige Anwender haben auch tatsächlich dafür bezahlt. Eine Vielzahl von Spielen verlassen das Reißbrett nicht mehr und die Beschäftigtenzahl von Epyx sinkt auf nur noch 20 Personen.
Das Handy Projekt wird schließlich an Atari verkauft und in Lynx umbenannt. Kurz darauf meldet Epyx Insolvenz an. Epyx hält sich aber noch lange genug im Konkursverfahren, um noch einige Spiele für den PC zu konvertieren, aber letztendlich wird das Unternehmen an Bridgestone Multimedia verkauft, die auf christliche Produkte spezialisiert sind. Der neue Besitzer verkauft die Mehrzahl der Softwaretitel an Atari Corp., die dann ebenfalls schließlich auch den Geschäftsbetrieb einstellen und deren Reste von Hasbro 1998 übernommen werden.
Ein weiteres spezielles Spiel ist Dragonriders of Pern von 1983. Es basiert auf der Fantasynovelle von Anne McCaffrey und das Spiel ist ein Mix aus politischen Intrigen, Diplomatie, Strategie und Action. Der Spieler schlüpft in die Rolle des Bendon Weyr, der versuchen muss Bündnisse mit benachbarten Königreichen einzugehen, immer darauf bedacht sein Handeln auf den Gegner am Verhandlungstisch abzustimmen. Mit den Wortgefechten ist der Gegner nicht unbedingt der furchterregendste, aber sie helfen einen selbst für derartige Gefechte zu trainieren.
Das ganze wird von einem tollen Soundtrack begleitet. Da es in der kreativen Hochzeit von Epyx erschaffen wird, werden die Entwickler als „The Connelly Group“ aufgeführt. Die Gruppe wurde von Jon Connelly gegründet und deren Mitglieder setzen mehr auf Strategie als auf Action. Das Spiel ist kein großer kommerzieller Erfolg und so verlässt Connelly schon bald die Firma und nimmt seine Belegschaft mit sich. Aber dieses Spiel verkörpert ein Genre, das man von Epyx erwartet hätte, wenn nur mehr Personen es beachtet und das Marketing mehr hinter ihm gestanden hätte.